Jacopo Godani bei der Pressekonferenz
Jacopo Godani bei der Pressekonferenz

„Ohne Grenzen“

Die Forsythe Company hat ihre ersten Pläne für die Saison 2015/2016 vorgestellt

Nachdem Christopher Roman für die Saison 2014/2015 die künstlerische Leitung der Company stellvertretend übernommen hatte, wird nun mit der folgenden Saison Jacopo Godani als Künstlerischer Leiter das Ruder endgültig übernehmen.

Dresden, 18/03/2015

Nachdem Christopher Roman, langjähriger Tänzer der Forsythe Company, für die Saison 2014/2015 die künstlerische Leitung der Company stellvertretend übernommen hatte, wird nun mit der folgenden Saison Jacopo Godani als Künstlerischer Leiter das Ruder endgültig übernehmen. Wer seine Arbeiten kennt, weiß um die Einflüsse Forsythes. Diese zu leugnen wäre auch unsinnig, war Godani doch lange Jahre selbst Tänzer bei Forsythe. Trotzdem wird es keine Arbeitsweise im Sinn einer eventuellen Weiterführung des Forsytheschen Erbes geben. Vertraglich festgelegt ist lediglich, dass pro Kalenderjahr eine Arbeit des ehemaligen Künstlerischen Leiters gezeigt werden soll, allerdings nicht vor dem Sommer 2016. Und welche Arbeit das dann sein wird, bleibt noch gut gehütetes Geheimnis. Zu erfahren war lediglich, dass alle Tänzer des Ensembles darin mitwirken werden.

Davon abgesehen, ist alles im Wortsinn neu: Godani hat selbst die komplette Riege der Tänzer ausgetauscht. Unter seinen 14 neuen Tänzerinnen und Tänzern ist mit David Leonidas Thiel ein Absolvent der Dresdner Palucca Schule zu finden, und mit der neuen Saison wechselt Michael Joshua Tucker, bislang Halbsolist im Ensemble des Semperoper Balletts, zur Forsythe Company. Vielleicht mag das den einen oder anderen überraschen, anders ist aber wohl ein neuer Arbeitsansatz kaum denkbar. Es ist bekannt, dass viele Tänzer des bisherigen Ensembles in einem Alter sind, in dem sie sich nebenher bereits andere Tätigkeitsfelder erschlossen haben. Andererseits war die Bindung an Forsythe als alleinigen Choreografen teilweise mit Sicherheit so intensiv, dass die Bereitschaft, sich auf einen anderen, neuen „mastermind“ einzulassen, möglicherweise nicht da ist. Godani spricht in jedem Fall von gemeinsam getroffenen Entscheidungen.

Ob sich daraus ein Dilemma ergibt, wenn es sich ja im Prinzip so verhält, dass dann zwar noch Forsythe drauf steht, aber praktisch kein Forsythe mehr drin ist, wird sich zeigen. Es bleibt auch abzuwarten, wie das Publikum damit umgehen wird. Grundlegend ist das natürlich dem Vertragscharakter geschuldet, der ja eben namentlich mit der Forsythe Company abgeschlossen wurde. Begrüßenswert ist in jedem Fall, dass die vier Institutionen Landeshauptstadt Dresden und Freistaat Sachsen sowie die Stadt Frankfurt am Main und das Land Hessen ihre bisherige Finanzierungsstruktur wie gehabt weiterführen werden.

An Godanis Seite findet sich mit Luisa Sancho Escanero als Künstlerische Koordinatorin und Dramaturgieassistentin eine langjährige Partnerin Godanis. Auch in Sachen Musik werden in Zukunft bestehende Beziehungen vertieft: Die beiden Musiker Ulrich Müller und Siegfried Rössert, die sich als Künstlerduo mit dem Kürzel „48nord“ belegen, liefern bereits seit fast acht Jahren akustische Recherchen für mehrere Arbeiten Godanis und werden auch zukünftig für ausgefeilte Klangteppiche sorgen.

Zwei neue Arbeiten wurden für die neue Saison angekündigt, zu deren inhaltlichen Formen und Aspekten zwar einiges gesagt, aber mehr im Obskuren gelassen wurde. Von mehr Tanz in seiner ganzen Reinheit war die Rede, mehr Tanz im Gegensatz zu Forsythes letztlich zugenommener Theatralität. Neues wird zunächst auch auf Altes treffen, abstrakt, reduziert, simpel.
Anfang Oktober wird die erste neue Arbeit im Bockenheimer Depot in Frankfurt zur Uraufführung kommen. Zukünftiges Prinzip wird sein, nach einer Reihe von möglichst vielen Vorstellungen kurzfristig im jeweils anderen Haus aufzutreten. Konkret bedeutet das, dass jene erste neue Arbeit dann tatsächlich noch Ende Oktober im Festspielhaus Hellerau zu erleben sein wird. Mit der zweiten Arbeit, die für Anfang Februar angekündigt ist, wird der Spieß dann umgedreht, sodass die Uraufführung in Hellerau stattfindet und Ende des Monats das Bockenheimer Depot bespielt wird.

Ohne einen direkten Vergleich mit der Arbeitsweise Forsythes herstellen zu wollen, fällt bei Godani eine explizite Nahbarkeit, sein Wunsch nach Nähe zum Publikum auf. So sollen nach Möglichkeit rund um die eigentlichen Vorstellungen besondere Formen wie „open talks“ oder offene Proben etabliert werden. Godani nennt es seine „open doors policy“, mit der er sich auch auf Partnerschaften bezieht. Dazu gehört neben der Palucca Schule natürlich auch die freie Szene Dresdens. Es soll, nach den Worten Godanis, ein Arbeiten „ohne Grenzen“ entstehen.

Das Ensemble steht also in den Startlöchern und hat nach Godanis Angaben bereits eine intensive Vorbereitungs- und Arbeitsphase durchlaufen. So, wie Godani während der Pressekonferenz ganz typisch vital umher sprang, wurde eins ganz klar: Dieser Mann will endlich los. Oder um es in seine augenscheinliche Lieblingsformel zu packen: „Voilà!“

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