„Gland“ von und mit Kat Válastur im HAU3
„Gland“ von und mit Kat Válastur im HAU3

Wanderin zwischen Welten

Tanzsolo „Gland“ von und mit Kat Válastur im HAU3

Als Kat Válastur präsentiert die junge Künstlerin eigenwillige Arbeiten, die sich in ausgefeilt strenger Formgebung mit der Verlagerung der Schwerkraft auf den menschlichen Körper in unterschiedlichen Räumen beschäftigen.

Berlin, 06/05/2014

Die gebürtige Athenerin Katarina Papageorgiou lebt und arbeitet seit 2007 in Berlin. Nach ihrem postgradualen Studium an der Universität der Künste „Solo/Dance/Authorship“ arbeitet sie allein bzw. genreübergreifend mit anderen Künstlern erfolgreich an eigenen forschungsbasierten Unternehmungen.

Als Kat Válastur präsentiert die junge Künstlerin eigenwillige Arbeiten, die sich in ausgefeilt strenger Formgebung mit der Verlagerung der Schwerkraft auf den menschlichen Körper in unterschiedlichen Räumen beschäftigen. Bereits in den Episoden ihrer Homer-Recherche „Oh! Deep sea-corpus I-VI“ (2010 – 2012) kreierte sie eine besondere Raum-Zeit-Dimension. Für ihre auch international erfolgreiche Schlüsselarbeit LANG (2008) ließ sie sich von der menschlichen D.N.A. inspirieren und schuf einen spiralförmigen Drehprozess, der sich nur aus einem Punkt heraus entwickelt und damit eine fortschreitende Linearität aufhebt.

Auf der Probebühne des HAU gibt sie mir erste Arbeitseinblicke in ihre neue Soloarbeit „Gland“. „Durch mein jetziges Stipendium beim Institut für Raumexperimente Berlin konnte ich intensiv mit dem Raum arbeiten. Choreografie ist nicht nur Tanz, sondern ein Schreiben im Raum. Meine Arbeit ist nicht nur die Bewegung, sondern räumliches Denken. Der Mensch ist sehr an die Schwerkraft gebunden, ich versuche, die gewohnte räumliche Ausrichtung von Bewegung zu verlassen. Jede Performance setzt für mich eine innere Landschaft voraus, die in eine externe übersetzt wird. Sicher, eine Performance mit dem Titel „Drüse“ klingt besonders im Deutschen sehr trocken. Im englischen Wort „Gland“ (Drüse) steckt auch das Wort Land. So steige ich tiefer und tiefer in eine mehrfach gespiegelte Landschaft. Ich hoffe, der Zuschauer wird eingeladen, meiner Reise mit seinen eigenen Erfahrungen und Empfindungen zu folgen.“ Sie zeigt mir lächelnd ein Poster, auf das sie zur Inspiration in den Umriss einer Drüse verschiedene Regionen gezeichnet hat (den Raum mit den Masken, den chromfarbenen Fluss, die Asphalt-Sphinx), die zu Orten der Performance werden.

Beim Probenbesuch pendelt Kat Válastur zwischen zwei im Winkel stehenden weißen Wänden entlang. Die zierliche Performerin mit den roten Haaren bewegt sich durch ein Labyrinth, bei dem völlig unklar bleibt, was Wand oder Boden ist. Ihre Füße schleifen, tasten, Arme stemmen sich gegen die möglichen Abbruchwände, der Körper klebt an der Wand, kreist am Boden, hängt kopfüber, erstarrt in Skulpturen der Bestürzung, des Wartens, der Ruhe und pulst immer aufs Neue weiter. Nichts scheint sicher. Nur eines scheint sicher: Hier verliert ein Mensch buchstäblich den Boden unter den Füßen. Faszination und Irritation.

Die Uraufführung von „Gland“ ist der erste Teil einer Reihe von Tanzschöpfungen unter dem Titel „The marginal Sculptures of Newtopia“, die sich mit Spannung zwischen dem konkreten Raum des Theaters und dem virtuellen Raum des Internets beschäftigen. Kat Válastur versucht, ausgesetzt dem Druck von Geschichte, Zeit und Gesellschaft, den Schrei zurückhalten und stattdessen eine Vielzahl von körperlichen Vibrationen zu produzieren. Die spielerische Verlagerung der Schwerkraft ist in ihrer Soloarbeit nie Selbstzweck, sondern bezieht sich in den „in Bewegung übersetzten Short-Stories auf heutige ökonomische, politische und ökologische Veränderungen“. In goldenen Schuhen wird Kat Válastur im Dialog mit dem Sound (Lambros Pigounis) von Lawinenabbrüchen, glucksenden Echos und elektrischem Knistern ihre Landschaft erkunden: „Es gibt immer assoziative Freiräume für menschliche Erfahrungswelten, Hindernisse, Herausforderungen aber auch Raum für die Schönheit des Lebens.“

 

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