Buntes Tanzmärchen mit Happy End

„Alice im Wunderland“ am Ballett des Pfalztheaters

Kaiserslautern, 28/04/2011

„Hierzulande musst du so schnell rennen, wie du kannst, wenn du am gleichen Fleck bleiben willst“, erklärt die Königin der neugierigen Alice im Kinderbuch „Alice hinter den Spiegeln“. Es ist der Nachfolgeroman des 1865 erschienenen, weltweit beliebten Kinderbuchs „Alice im Wunderland“ (Original: „Alice’s Adventures in Wonderland“). Von Paradoxien, gewitztem Nonsense und gereimter Satire durchzogen ist die Lektüre seit bald 150 Jahren zum unerschöpflichen Quell der Inspiration für Kunst und Wissenschaft geworden. Die jüngste Choreografie von Stefano Giannetti (*1965) mit dem Ballett des Pfalztheaters Kaiserslautern fußt auf dem Stoff des englischen Schriftstellers, Lehrers und Fotografen Lewis Caroll. Der Komponist Herbert Baumann (*1935) hat im Auftrag des Wiesbadener Theaters im Jahr 1984 dazu ein Libretto und rhythmisch-expressive Ballettmusik geschrieben. Zwar bleiben Wortwitz und eine so prägnante Figur wie Humpty Dumpty in der getanzten Adaption auf der Strecke, dafür kommt der Dichter Lewis Caroll ins Spiel. Als Lehrer soll er Mathematik unterrichten, doch von frechen Schülern genervt flüchtet er in seine Träume. Im Zentrum dieser Fantasiewelt entsteht Alice. Mit dem Kaninchen begibt sie sich auf einen abenteuerlichen Trip; gerät sie in Not, ist Caroll zur Stelle, um sie zu retten.

Das skurrile Tanzmärchen, für das motivisch wie szenisch „Coppélia“, „Nussknacker“, „L'Enfant et les Sortilèges“ und andere Ballette Pate gestanden haben mögen, lebt von der tänzerischen Kraft der Figuren. Allen voran eine lebenslustige, neugierige Alice (Flavia Samper), die nicht nur technisch brilliert (beispielsweise mit einer Serie Fouettés) und süß anzusehen ist, sondern auch richtig böse gucken kann. Lewis Caroll (Adonis Daukaev) ist ein Danseur noble alter Schule, der staunend das Eigenleben seiner Figuren verfolgt: Hektisch das superschlaue Kaninchen (Laure Courau), lasziv die Katze (Ludivine Theron), etwas verpennt die Schlafmaus (Chris Kobusch) und sprungstark der Hutmacher (Hiroya Fukuda). Der Königin (Viara Natcheva) juckt es in den Fingern, gefährlich spielt die Frau (mit den ungleichen Schuhen, einem roten Pumps und einem Spitzenschuh) mit einer Mini-Guillotine, am liebsten würde sie alle einen Kopf kürzer machen. Als schrille Charakterrolle angelegt, muss die Herzogin (Randy Diamond) dran glauben. Während die Rose (Letizia Cirri) etwas kapriziöser sein könnte, wünscht man den rivalisierenden Karten, Pik- und Herzbube (Sobir Utabaev / Stefan Hammel) ein etwas pfiffigeres Kostüm. „Das Wichtigste bei der Gestaltung einer Ballettproduktion ist, dass die Tänzer Platz haben“ so Ausstatter Otmar Alt, dem für die beiden Herren leider nur pyjamaähnliche Schlabberhosen eingefallen sind.

Alt ist der Dritte im Bunde des Kreativteams. Bekannt für seine farbenfrohe Bilderwelt aus biomorphen Archetypen und popartiger Stilisierung (vergleichbar mit Niki de Saint Phalle oder James Rizzi) neigt er auch bei Bühnenbild und Kostümen zu dekorativer Formelhaftigkeit. Zum Grand Finale eines bestens disponierten Orchesters unter dem Taktstock von Till Hass schwebt eine Riesenkrone auf die Bühne. Bleibt zu hoffen, dass dem Glück von Alice und ihrem Herzbuben sonst nichts im Weg steht, denn hierzulande musst du schnell rennen, wenn du am gleichen Fleck bleiben willst.

www.pfalztheater.de

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