Ambitiöses Anliegen
„Toi, moi, Tituba ...“ von und mit Dorothée Munyaneza beim Zürcher Theater Spektakel
Dorothée Munyaneza, 1982 in Kigali/Ruanda geboren, emigrierte im Alter von 12 Jahren nach England, in dem Jahr des grausamen Völkermordes an den Tutsis. Nach Ausbildungen in London und später Paris, festigte sich ihr Können als multidisziplinäre Künstlerin. In Marseille, wo sie heute lebt, startete sie ihre Karriere und gründete ihre Cie Kadidi.
Fokus-Künstlerin
Am diesjährigen Theater Spektakel ist sie als Fokus-Künstlerin gleich mehrfach präsent: mit den bewegenden und gefeierten Aufführungen von „umuko“, einem Konzert, einem Workshop, als Gast bei „Talks on Resistance“ und mit dem Solostück „Toi, moi, Tituba ...“.
In diesem lässt sich Munyaneza vom Roman von Maryse Condé „Ich, Tituba, die schwarze Hexe von Salem“ inspirieren. Das Buch handelt von Hexenprozessen, vornehmlich schwarzen Hexen. Sie widmet ihr Solo aber auch „der Erinnerung jener Existenzen und Identitäten, jenen Körpern und Stimmen, die im Zug von Kolonialisierung und Sklaverei ausgelöscht wurden“.
Die mit weißen Leuchtstäben ausgestattete Kleinbühne erobert sie sich weitgreifend schreitend, im schwarzen Kleid, kaum sichtbar. Langsam verschiebt sie die Leuchtkörper von der senkrechten in die waagrechte Lage. Mit ein wenig Vorstellungsgabe sind darin Menschen zu sehen, deren Körper zu Boden gehen und verlöschen. Munyaneza wandelt dazwischen und beugt sich über die noch leuchtenden Stäbe. Bedeutungsschwer biegt und windet sie sich in einer Art Ausdrucktanz, mal stehend, mal liegend. Sie könnte dabei eine eine schwer arbeitende, leidende Frau darstellen, wie man laut Programm vermutet. Sie singt und schreit mit schriller Stimme, wirft sich ein weißes Tuch über und haucht einen französischen Text ins Mikrofon. Die Texte werden dankenswerterweise als Beiblatt ausgegeben, in der Performance sind sie aber leider kaum verständlich.
Wenig begreiflich
Trotz starker Bühnenpräsenz und einprägendem Bühnenbild bleibt das Stück irgendwie im Ungewissen hängen. Eine Hommage, die in der tänzerischen Umsetzung wenig begreiflich wird. Erstaunlich, dass sich die erfahrene Künstlerin nicht bewusst ist, dass ein solch ambitiöses Unterfangen in einem knapp 50-minütigen Solo eigentlich nicht zu bewältigen ist. Munyaneza hat einen beweglichen und ausdrucksstarken Körper, doch mit ein paar weit ausholenden Gesten, dramatischen Gebärden und lauten Tönen lässt sich ein so anspruchsvolles und komplexes Thema kaum darstellen. Da hilft der unliebsame, computergesteuerte elektro-akustische Sound ihres Musikers als Erklärung auch nicht weiter.
Man glaubt ihr zwar bedenkenlos, dass sie versucht, Tituba zu verkörpern und so sichtbar zu machen. Es ist auch ihr Verdienst, dass sie an solche gewaltsamen Schicksale erinnern will, die nicht vergessen werden sollten. Aber man hätte sich ihr, die für andere sehr versiert inszeniert, für ihr Solo einen Blick von Außen gewünscht, jemand, der ihr choreografisch und dramaturgisch beratend zu Seite gestanden hätte.
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