Die Ballettabteilung des Stadttheaters Pforzheim ist bekannt dafür, neue Wege zu betanzen. Sie ist auch bekannt dafür, nicht nur eigene Experimente anzustellen, sondern sozusagen auch neuen Wein in alte Schläuche fließen zu lassen. Genauer: sich und das Publikum mit neuen Ideen, Inspirationen von außen zu erfrischen, quasi zusammen in einen Jungbrunnen zu steigen. Dazu eignet sich die Plattform von „Tanz pur“ seit sieben Jahren auf das Allerbeste. Dazu noch im Podium, wo das Publikum nun auch gern wieder Seite an Seite haut- beziehungsweise schweißnah am Geschehen ist. Und dazu noch von sich behaupten kann, Uraufführungen gesehen zu haben. Am Samstag gleich drei hintereinander.
Mit den drei Choreografen Brian Scalini, Roberto Doveri und Gil Kerer sind es seit diesem Abend insgesamt zehn an der Zahl, die auch bei „Tanz Pur 7“ versuchen, auszuloten, was Tanz genau bedeutet. Was es sein kann was es ist oder auch einmal eine Ahnung zu vermitteln, was es noch sein könnte. Bewegung (einzelner) Körper(-teile), ein getanzter Erzählstrang, eine mitunter auch verstörende Traumwelt. Worte fehlen, man ist als Zuschauer auf die Körpersprache und manchmal auch auf die Mimik der Tänzerinnen und Tänzer angewiesen, um zu verstehen. Wie unterschiedlich Tanz, Bewegung interpretiert und erforscht werden kann wird an diesem Abend mit drei sehr unterschiedlichen Teilen deutlich. Während Roberto Doveri mit eher stereotypen, in ihrer Synchronizität manchmal auch fast maschinell wirkenden choreografischen Elementen mit „Bacco“ versucht, sich dem Thema Traum und Realität zu nähern, was zwar interessante Aspekte beherbergt, sich aber dann doch irgendwann totläuft ist der Ansatz von Brian Scalini ein anderer.
Ein Paukenschlag, der auch mit optisch starken Reizen arbeitet. „On the shoulders of giants“ lotet das Thema Veränderungen, Manipulation und Einfluss aus. Einzelne Menschen werden von zwei auffälligen, gänzlich vermummten Gestalten in ihrer eher harmonischen Gruppenzugehörigkeit „gestört“, herausgezerrt, irritiert. Das mündet (auch) in hochkomplexe, ineinander, umeinander verschachtelte, verfließende Kommunikationen zweier Körper. Die großartigen Ausdrucksmöglichkeiten im Tanz blitzen dank der „biegsamen“ inneren und äußeren Haltungen beziehungsweise Fähigkeiten der Tänzerinnen und Tänzer auf. Immer wieder aufs Neue berührend kann man auch die Verflechtung von klassischer Musik – in diesem Fall ein Satz der 1842 von Felix Mendelssohn Bartholdy geschriebenen „Reise“-Sinfonie Nr. 3 in a-Moll – in Verbindung mit zeitgenössischem und modernem Tanz wahrnehmen. Heimkommen, Reisen, etwas Erleben: Das haben die Zuschauer an diesem Abend auf jeden Fall.
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