„24 Préludes“ von Alexej Ratmansky. Tanz: Wiener Staatsballett, 2022

„24 Préludes“ von AlexeiRatmansky. Tanz: Wiener Staatsballett, 2022.

Solidarität mit der Ukraine

Laufend neue Ereignisse in diesem Beitrag

Für Frieden, Menschlichkeit und Wiederaufbau: Jetzt gilt es auch durch eine große Öffentlichkeit den ohne Zwang herbeigeführten Überfall der Russischen Föderation auf den souveränen Staat Ukraine zu stoppen und Hilfe für bedrohte Tanzschaffende aus der Ukraine und Russland zu leisten.

Wien, 03/03/2022

Die Auswirkungen und die Sinnlosigkeit des andauernden Kriegs der Russischen Föderation mit der Ukraine wird von Tag zu Tag schlimmer. Nicht nur in den angrenzenden Staaten wächst die Hilfsbereitschaft für die bereits 2,5 Millionen geschätzter Flüchtlinge. Die eminent wichtigen Wirtschaftssanktionen der EU und der USA haben ihre Auswirkungen auf beiden Seiten. Massiv in Mitleidenschaft gezogen ist auch die von uns primär adressierte Tanz-Community. Staatliche und städtische Theater, Tanzhäuser und Kulturzentren, Festivals, Künstler*innen und Tanzschaffende solidarisieren sich mit den Tanzschaffenden und allen ukrainischen Menschen. Aus der Fülle der anlaufenden Hilfemaßnahmen seien hier stellvertretend einige Beispiele genannt.

Für die finanzielle Unterstützung ukrainischer und russischer Künstler*innen in Not haben die Mitglieder des Life Long Burning Networks wie das Wiener Festival ImPulsTanz, die Uferstudios GmbH Deutschland, die 4Culture Association in Rumänien, das Brain Store Project in Bulgarien, die Nomad Dance Academy in Slowenien und weitere Partner*innen aus Slowenien, Kroatien, Ungarn, Frankreich, Belgien, Holland, Finnland und Schweden eine gemeinsame Forderung mit dem Titel „Call for action – Emergency Fund“ an die EU-Kommission, das Europäische Parlament und die nationalen Regierungen gerichtet.

Menschen

Die Nachrichten von pro-ukrainischen Handlungssetzungen und entschieden gegen das russische Kreml-Regime auftretenden Künstler*innen nehmen zu. So hat letzten Sonntag der ehemalige Etoile der Pariser Oper und Ballettdirektor des Moskauer Stanislawski-Theaters, Laurent Hilaire, seinen Posten zurückgelegt. Auf RTL.lu wird Hilaire zitiert: „I am departing with a heavy heart, but the context no longer allows me to work with peace of mind.”

Mittlerweile haben Xander Parish, aus Großbritannien stammender Solotänzer des Mariinsky-Theaters in St. Petersburg und der aus Italien stammende, beim Bolschoi-Ballett in Moskau engagierte Tänzer Jacopo Tissi auf Instagram angekündigt, Rußland wegen der Invasion in der Ukraine zu verlassen.

Der aus Italien stammende, beim Bolschoi-Ballett in Moskau engagierte Tänzer Jacopo Tissi hat auf Instagram angekündigt, Russland wegen der Invasion in der Ukraine zu verlassen.

Primaballerina Olga Smirnova verlässt das Bolschoi Ballett in Moskau. Das Mariinsky Ballett in St. Petersburg verliert den 22jährigen Solotänzer Victor Caixeta, geborener Brasilianer. Wie das Het Nationale Ballet bekannt gab, werden beide Mitglieder in dem renommierten Amsterdamer Ensemble, das sie "mit offenen Armen willkommen heißt". Smirnova und Caixeta werden in einer neuen Fassung des Petipa-Stücks „Raymonda“ von Rachel Beaujean, Ted Brandsen und Girgori Tchitcherine ab 3. April zu sehen sein.

Seinen kriegsbedingten Verletzungen erlegen ist Artyom Datsishin, Solotänzer des Balletts am Opernhaus in Kyjiw. Er war am 26. Februar unter russischen Beschuss geraten. Die weltweite Tanzcommunity gedenkt dem wunderbaren Tänzer auf Facebook und schreibt von unerträglichem Schmerz.

Inzwischen weitet das russische Regime seine Propaganda auch auf die Ebene der darstellenden Künste aus. Berichten von Krone.at zufolge veröffentlichte der Instagram-Account der Oper in der prorussischen Separatistenrepublik Donezk in der Ostukraine am 13. März Bilder, die Balletttänzerinnen in der Formation eines "Z" und eines "V" zeigen. Es handelt sich dabei um Erkennungszeichen russischer Truppen, die in Russland als Propagandasymbol verwendet werden.

Krzysztof Pastor, Direktor des Warschauer Nationalballetts, beherbergt zahlreiche ukrainische TänzerInnen, die ihr tägliches Training nun mit seinem Ensemble machen. Die BBC News veröffentlichten am 19. März dazu einen Filmbeitrag des BBC.

Jean-Christophe Maillot, Chef der Ballets de Monte Carlo, hat dem Bolschoi Theater die Aufführungsrechte seiner Choreografie „Der Widerspenstigen Zähmung“ entzogen, die er 2014 für das Bolschoi Ballett kreiert hatte. Außerdem hat Maillot junge ukrainische TänzerInnen in sein Ensemble und in die Ballettakademie aufgenommen. Der Erlös der kommenden Premiere "Oeil pour oeil“ am 28. April geht an das Rote Kreuz in der Ukraine.

Martin Schläpfer hat zwei ukrainische TänzerInnen in das Ensemble des Wiener Staatsballetts aufgenommen. Auch die Ballettakademie hat bislang drei SchülerInnen aus der Ukraine aufgenommen, weitere sollen folgen. Man stehe außerdem in Kontakt mit der Staatlichen Ballettschule in Kyjiw und der dortigen Choreographischen Hochschule um weitere Hilfsmöglichkeiten zu beraten, heisst es in der Aussendung des Staatsballetts.

Die Hamburger Ballettschule von John Neumeier nimmt geflüchtete Kinder aus der Ukraine auf. Zehn ukrainische Kinder im Alter von zehn bis dreizehn Jahren mit Tanzerfahrung dürfen nun für die große Aufführung "Erste Schritte" mitproben. Der Kontakt sei durch persönliche Verbindungen entstanden, da einige der Tänzer*innen des Hamburger Balletts aus der Ukraine stammen, darunter der erste Solist Alexandre Riabko.

Über alle Grenzen hinweg hat der aus St. Petersburg stammende, einst im Ukrainischen Nationalballett engagierte Tänzer und Choreograf, der ehemalige Bolschoi-Ballettdirektor und seit vielen Jahren artist in residence beim American Ballet Theatre, Alexei Ratmansky, auf facebook eine Aktion gestartet, aus der wir hier einige Stellungnahmen ausschnitthaft veröffentlichen. Ratmansky selbst hat, wie die New York Times am 27. Februar berichtete, angesichts der russischen Invasion in die Ukraine seine Probenarbeiten an der für 30. März angesetzten Premiere am Bolschoi-Theater „Die Kunst der Fuge“ (Bach) ausgesetzt und ist abgereist.

Vladimir Malakhov
„...Ich mache mir große Sorgen um meine Familie, Verwandte und alle Menschen, die gerade dort in der Ukraine sind. Ich wünschte dieser Horror und der Alptraum würden bald enden und Frieden würde auf dieser Erde bald wieder herrschen...“

Alessandra Ferri
“The realization that once again the future of humanity depends from the merciless craziness of a man is very disturbing. We must condemn war and violence always… I stand with the people of Ukraine. My heart also goes to the many people in Russia that are against war and try to raise their voices but are forced silenced...”

Mikhail Baryshnikov
“The Baryshnikov Arts Center stands in support of the brave citizens of Ukraine. They fight for their country and for their sovereignity in the face of naked aggression from Russia’s governing powers. Artists everywhere understand that freedom – political, personal, and artistic – is essential to a healthy and vibrant society... We stand with all who fight to that end.”

Jiri Kylián
“The country in which I was born, Czechoslovakia, was brutalized several times in the past. It was invaded by Hitler in 1938 and by Brezhnev in 1968. On both occasions our western allies did absolutely nothing to protect us. DO NOT REPEAT THE MISTAKES OF THE PAST. NOT EVEN IN THE FACE OF A NUCLEAR THREAT - NEVER!”

John Neumeier
"...For 50 years, since the Cold War, we – the cultural world – have been working on open boundaries between artists, sharing our artforms and exchanging artists. I am OBVIOUSLY – as surely every other person – with my heart and soul willing to help. There will not be one artist, dancer, HUMAN being in need in Hamburg that I will not try to help. This is a horrific situation. One that we all hoped would never happen again, considering the too vivid past. I can assure you that I will do all in my power to protect and help people, artists and dancers coming from Ukraine..."

Andrey Kaydanovskiy,
der seine im Juni bevorstehende Premiere am Stanislawski-Theater ohne Termin „verschoben“ hat in eigener Übersetzung aus dem Russischen:
„Man darf nicht schweigen! Wir werden uns es später nicht verzeihen können! Der Krieg muss im Museum bleiben!"

Yana Salenko
"Why? It breaks my heart to see the whole situation not like a movie but reality! What about children...? I myself am from Kyiv and my whole family is there and friends and colleagues. I´m very worried. And so are many families who are in the same situation as me... I really hope that soon everything will return to normal life. I send my love to Ukraine!"

Olga Smirnova
"Ich hätte nie gedacht, dass ich mich für Russland schämen würde, ich war immer stolz auf das talentierte russische Volk, unsere kulturellen, sportlichen Leistungen. Aber jetzt ist das vorher und nachher erledigt. Und es tut weh, dass Menschen sterben, während anderen Dächer über dem Kopf geraubt oder gezwungen werden, ihre Häuser zu verlassen. Und wer hätte vor einer Woche gedacht, dass uns das alles passieren würde, denn selbst wenn wir uns selbst nicht im Epizentrum des Kampfes befinden, können wir bei einer globalen Katastrophe nicht gleichgültig bleiben."


Weiterführende Informationen und Stellungnahmen, die laufend ergänzt werden

Statements von Tänzer*innen und Choreograf*innen weltweit:
Facebook-Seite von Alexei Ratmansky mit Stellungnamen von Crystal Pite, Tamara Rojo, Diana Vishneva, Twyla Tharp, Natalia Makarova, Alessandra Ferri, Brigitte Lefèvre, Diana Vishneva, Evelyn Hart, Wendy Whelan, Aleksandra Liashenko, Olga Smirnova, Katerina Chebykina, Mats Ek, Mikhail Baryshnikov, Ohad Naharin, Hans van Manen and Henk van Dijk, Sidi Larbi Chercaoui, Noah Gelber, Aaron Watkin, Jiří Kylián, John Neumeier, Christian Spuck, Kenneth Greve, Ivan Urban, Noah Gelber, David Dawson und vielen vielen anderen Größen der Ballettszene.


Kommentare:
"Waffentaugliche Tänzer"von Dorion Weickmann in der Süddeutschen Zeitung

"Warum das Ballett keine Brücken schlägt" von Wiebke Hüster in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung

"Die Schadenbegrenzung" von Dorion Weickmann und Moritz Baumstieger in der Süddeutschen Zeitung

"Ein weiterer Rücktritt wegen zu viel Putin-Nähe?" von Marco Frei in der Neuen Züricher Zeitung

"Igor Zelensky und Putins Tochter: eine Liebesaffäre?" von Dorion Weickmann in der Süddeutschen Zeitung

 

Statements von Tanzverbänden und Spielstätten:
Netzwerk internationaler Festivals für zeitgenössischen Tanz in Deutschland
Statement des Bündnis internationaler Produktionshäuser
Statement des Dachverband Tanz Deutschland
Statement des BBTK (Bundesdeutsche Ballett- und Tanzdirektor*innen-Konferenz)

Statement der Leitung des Staatsballetts Berlin

 

Veranstaltungen:
GALA FOR UKRAINE, Royal Danish Theatre, Old Stage, 19.3.2022 um 20.30 unter anderem mit der ukrainischen Tänzerin Yana Salenko, die den ikonischen "Sterbenden Schwan" von Michel Fokine tanzt.

Unter dem Titel Artists for peace bekunden ukrainische und russische KünstlerInnen der Wiener Staatsoper ihre Solidarität mit der Ukraine. Maria Yakovleva und Denys Cherevychko vom Wiener Staatsballett tanzen (im Großen Probensaal) den Pas de deux aus dem 2. Akt der Nurewejschen Schwanensee-Inszenierung, die derzeit auf dem Programm steht.

BALLET FOR LIFE, Benefizgala von Iana Salenko, im Admiralspalast Berlin, 21. April um 20 Uhr. Zahlreiche europäische Spitzenkünstler*innen haben sich auf die Initiative von Salenko kurzfristig zusammengefunden. U. a. werden Choreografien von Maurice Béjart, Oscar Chacon, Eric Gauthier, Marco Goecke, Kenneth MacMillans, John Neumeier, Roland Petit, Christian Spuck und Hans van Manen präsentiert. Alle Kasseneinnahmen aus der Veranstaltung werden für humanitäre Hilfe in der Ukraine verwendet.

Origen bringt Ende April ein neues Werk auf die Bühne, ausserhalb jeder Spielzeit. Ein ukrainischer Tänzer und eine russische Choreografin erzählen von ihrer Freundschaft, vom gemeinsamen Exil, vom grossen Heimweh nach der Bühne. Die Premiere findet am 28. April in der Riomer Clavadeira statt.

Hamburg Ballett und Kampnagel laden Tänzerinnen und Tänzer des ukrainischen Staatsballetts zu Tanzabend ein. FOR THE AIR THAT WE BREATHE heißt das Programm, mit dem Tänzerinnen und Tänzer des ukrainischen Staatsballetts am 29. und 30. April auf Kampnagel auftreten. Die Einnahmen werden direkt den mitwirkenden Künstler*innen zu Gute kommen.

MAKE ART NOT WAR #4, Benefiz-Videostream der TanzFaktur Köln anlässlich des Welttanztages am 29. April. Zu sehen sein werden Ausschnitte von fünf Produktionen, die im Rahmen des Sommerakademie Festivals für zeitgenössischen Tanz 2021 in der TanzFaktur gezeigt wurden. Diese wurden filmisch begleitet, aufbereitet und sind nun erstmals nach der Sommerakademie online zu sehen. Hinzu kommen Tanzfilme von ukrainischen Tanzschaffenden. So entsteht ein abwechslungsreicher Abend, der gleichzeitig den Welttanztag feiert und den Blick in die Ukraine richtet. Im Rahmen des Events werden erneut Spenden für den guten Zweck gesammelt: Die Einnahmen werden für humanitäre Zwecke und Schutzkleidung verwendet.

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