"Premonitions of a larger Plan" der Dresden Frankfurt Dance Company, Choreografie: Jacopo Godani, Tanz: Zoe Lenzi Allaria, Petar Pejčić (Violoncello)

Ganz entspannt

Jacopo Godanis „Premonitions of a larger Plan“ hat Dresden-Premiere in Hellerau gefeiert

Auch ohne die übliche innere Getriebenheit kommt die Dresden Frankfurt Dance Company über die Runden. Und zwar ziemlich gut.

Dresden, 26/05/2022

Eine Quarterpipe bildet die Bühne; der weiße Tanzboden ist im Hintergrund zu einem breiten Podest hochgezogen. Dieser klare Raum bildet für die Dresden Frankfurt Dance Company auch dieses Mal die Folie für Jacopo Godanis ausgefeilte Spielereien mit dem Licht. Die Natur ist es auf irgendeine Art bei Godani immer. Hier ist es rauschendes Wasser, glitzernder Regen, sind es Vogelschwärme, die lärmend über den Boden ziehen. Und wie immer alles aus einem Guss. Eingespieltes Vogelgezwitscher vermischt sich mühelos organisch mit den auf der Bühne platzierten Musikern. Hannelore Vander Elst an der Akustikgitarre, Alexander Lau und sein Violoncello und nicht zuletzt Matthew James Highams Querflöte schaffen den eigentlichen Raum für die Tänzerinnen und Tänzer und holen dabei immer wieder ganz verblüffende Töne aus ihren Instrumenten. Wie schon zuvor in „Bach Off!“ macht Godani die Musiker*innen zu einem entscheidenden Teil seiner neuen Arbeit. Musik ist kein Beiwerk, also auch nicht diejenigen, die sie schaffen. Es ist ein Miteinander. Deshalb führen einzelne Tänzer*innen die Musiker*innen immer wieder an neue Orte, platzieren sie mittendrin und begleiten sie freundschaftlich von der Bühne. Entspannter geht kaum. 

Verhalten, gelassen, fast introvertiert gerät auch das Bewegungsvokabular. In jedem Moment ist die Handschrift Godanis lesbar, keine Frage. Das Exaltierte, die große Geste. Hier aber bleibt alles ohne Eskapaden. Ein gelöstes Miteinander. Genauso zurückgenommen sind auch die Kostüme, blass, meist einfarbig, unauffällig, aber trotzdem nicht beliebig. Es ist eine Art Meditation, ein Interludium, das ganz bei sich ist.

Ganz bei sich sein dürfen deshalb auch die Tänzerinnen und Tänzer. Perfekte Inszenierung des künstlerischen Ausdrucks spielt hier keine Rolle. Entspannt stehen oder sitzen sie vereinzelt am Rand und schauen zu. Einfach so. Und sind dabei aufs Schönste im Raum arrangiert, eigentlich zu schön, um an Zufall glauben zu machen. 
Zusehen, zuhören, das findet nicht nur am Rand statt. Ganz gleich, ob Solo, Duo oder Trio, in jedem Moment achtet das Ensemble aufeinander, nimmt sich gegenseitig war. Es geht nicht um Leistung. Es geht um das Sein, im Moment. Man kann sich von den Wellen des Meeres treiben lassen, oder sich ihnen entgegenstellen. Amanda Lana umspielt geradezu selbstvergessen in ihrem Solo die Projektion eines in ständiger Bewegung befindlichen Vogelschwarms. Dieses gelöste Sich-treiben-lassen übersetzt sich in jedem Moment emotional für die Zuschauenden.

„Premonitions of a larger Plan“ verlangt nichts vom Publikum. Diese „premonitions“ sind mehr als nur Ahnungen eines „größeren Plans“. Es ist ruhige Gewissheit, eine Art Zuversicht, dass es gut ist, Teil eines „größeren Plans“ zu sein. Klein zu sein heißt eben nicht, unbedeutend zu sein. Diese tiefe Ruhe, die Godanis Arbeit hier inne ruht, lässt die eine Stunde, die das Stück andauert, nur sehr langsam vergehen. Langsam allerdings nur für all jene, die keine Zeit haben. Godani nimmt sich diese Zeit. Und schenkt sie seinem Ensemble. 

 

 

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