"EQUALITY!" von Rebecca Weingartner und Benjamin Lindh Medin. Tanz: Rebecca Weingartner, Benjamin Lindh Medin

Gleichberechtigung

„EQUALITY!“ eröffnet das PURPLE Festival für junges Publikum

Die Arbeit von der Company Lindh & Weingartner soll das Thema Gleichberechtigung für Kinder zugänglich machen. Das gelingt nur teilweise vor mehr Erwachsenen als Kindern.

Berlin, 01/06/2022

Purple eröffnet mit zwei Reden auf dem Hof der Uferstudios, erst von Canan Erek, der Initiatorin und Künstlerischen Leiterin des Festivals, und anschließend von Thorsten Wöhlert, Staatssekretär für Kultur. Es wird kurz auf zwei Pandemie-Jahre zurückgeblickt, die dem Festivalteam natürlich viel abverlangt und die Organisationsstruktur verändert haben. Umso glücklicher sind nun alle, dass PURPLE jetzt stattfinden kann, statt im Winter zwar im Frühling, was aber durchaus Potenzial birgt, wie man draußen bei angenehmen Temperaturen bemerkt.

Mit „EQUALITY!“ von Company Lindh & Weingartner aus der Schweiz wurde auf jeden Fall eine Performance für die Eröffnung ausgewählt, die Laune macht. „Let´s jump around“ bleibt noch lange am Abend als Ohrwurm in den Köpfen. Mit Tanz, Akrobatik und Sprache soll die Arbeit das Thema Gleichberechtigung für Kinder zugänglich machen. Was aus einer erwachsenen Perspektive zwar recht plakativ wirkt, kann beim jüngeren Publikum durchaus Wirkung zeigen. Rebecca Weingartner und Benjamin Lindh Medin zeigen, dass zwei Menschen unterschiedlichen Geschlechts gar nicht so verschieden sind – und die gleichen Dinge tun können. So wechselt die Arbeit zwischen gemeinschaftlichen Tanzeinlagen, ineinander verschlungenen Turnübungen und herausfordernden Mini-Dance-Battles. Hier wird ganz deutlich: Was du kannst, kann ich auch! Und was man vielleicht nicht alleine schafft, klappt dann mit der Hilfe des anderen.

Die Performer*innen sind zu Beginn sogar zu einem einzigen Wesen verschmolzen – oder eher verknotet. So krabbeln sie aus dem dunklen Off in den erleuchteten Kreis, der vom Publikum umringt ist und an eine kleine Manege erinnert. Die Körper lassen sich kaum voneinander unterscheiden, auch so wird das Thema Equality symbolisiert. Warum auch dürfen nur Frauen lange Haare haben und nur Männer kurze? Diese Frage kommt auch später nochmal auf. Dass die beiden an sich nicht viel unterscheidet, sie aber trotzdem einzigartig sind, wird schnell klar. Keinem von beiden wird hier eine bestimmte Rolle zugeschrieben, jeder kann den anderen buchstäblich auffangen, tragen, stützen.

Leider rutscht die Performance aber doch in einige Klischees ab. So scheint Benjamin Lindh Medin doch öfter Quatsch zu machen, worauf Rebecca Weingartner provokativ genervt ins Publikum blickt und ihn spielerisch zurechtweist. Diese Rollenverteilung reproduziert dann doch gewisse Stereotype. Auch könnte man kritisieren, dass hier trotz Gleichberechtigung ein binäres System dargestellt wird, mit zwei Geschlechtern, die zwar in keiner Hierarchie stehen und einander unterstützen, aber trotzdem einander gegenübergestellt werden und miteinander konkurrieren.

Solche Kritik lässt sich aus der erwachsenen Perspektive durchaus üben – und das Publikum war leider an diesem Abend auch hauptsächlich erwachsen. Vielleicht zehn Kinder waren bei der Eröffnung des Festivals dabei, was für den Rahmen zum einen schade ist und der Performance vermutlich ein wenig an Stimmung genommen hat. Es fehlte dieser kindliche Enthusiasmus aus dem Zuschauerraum, der einer Arbeit ganz anderen Schwung geben kann. Wären die rhetorischen Fragen der Performer*innen von Kinderstimmen beantwortet worden, die Aufforderungen mit Zuklatschen und Zurufen ein bisschen verspielter angenommen worden, wäre der Effekt vielleicht ein anderer gewesen. Dass bei einer Eröffnung Fachpublikum da ist, ist natürlich keine Frage, aber bei einem Festival für junges Publikum fehlte einfach etwas. Trotzdem ließ es sich auch das ältere Publikum nicht nehmen nach dem Applaus und der Verbeugung nach Aufforderung von Rebecca Weingartner mit auf die Tanzfläche zu kommen und zu „Let´s jump around“ zu tanzen, zu springen und sich durchzuschütteln. Damit endete der Abend dann doch mit einem schönen Bild: Kinder, Erwachsene, Tänzer*innen und Fachpublikum tanzen zusammen und miteinander und darum soll es schließlich gehen.

 

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