"and yes I will" von Caroline Eckly
"and yes I will" von Caroline Eckly

Nordische Exotik

Start der Vorstellungsreihe depARTures mit dem Motto "Unique Performance and Dance from Norway"

depARTures beleuchtet in diesem Jahr die Bandbreite der zeitgenössischen Tanz- und Performanceszene Norwegens. Den Anfang machten Caroline Ecklys Solo "and yes, I said yes, I will yes” und Nicola Gunns "Working with Children“.

München, 12/10/2021

Zeitgenössische Tanzströmungen aus Norwegen erleben – das verspricht Walter Heuns diesjährige Ausgabe von depARTures. Die Performanceszene dort sei so intensiv und breitgefächert, dass er – Faktoren wie Pandemie oder Budget mal komplett außen vorgelassen – locker drei Monate mit Programm hätte füllen können. Ein solch langer Rundumschlag an radikal Ungewöhnlichem – wie man es bisweilen bereits aus skandinavischen Ländern kennt – bleibt allerdings vorerst ein Traum.

Stattdessen will die zwei Wochen und unterschiedliche Spielorte umfassende Reihe, die noch bis zum 17.10. läuft, anhand von fünf ausgewählten Beispielen einmal mehr bestimmte künstlerische Positionen an der Schnittstelle zu anderen Kunstformen und soziopolitischen Fragestellungen ausloten. Nach Gästen aus dem arabischen Raum, Kanada, Katalonien und den Niederlanden in den Vorjahren hoffen „Unique Performances and Dance from Norway“ nun auf ein nach Neuem gieriges und aufgeschlossenes Publikum.

Dabei relativiert sich die im Titel propagierte nordische Exotik gleich zum Auftakt mit Caroline Eckly – einer gebürtigen Pariserin, die nach ihrer Ausbildung zur Balletttänzerin in Toulouse und Nürnberg engagiert war. Seit 2008 ist Eckly Mitglied von Norwegens führender moderner Tanzkompanie Carte Blanche. Eine intensive Zugehörigkeit, die sich definitiv im faszinierenden Ausdrucksspektrum ihres durchtrainierten Körpers niederschlägt. Davon lebt auch ihre zur Eröffnung des Minifestivals im Carl-Orff-Saal gezeigte Soloperformance „and yes, I said yes, I will yes” maßgeblich.

Entstanden ist das knapp einstündige Stück in Zusammenarbeit mit dem brasilianischen Choreografen Marcelo Evelin, was die andere, recht ursprünglich feurige Komponente des Abends erklärt. Dieser brandet in seinem Mittelteil eruptiv wie ein aufbrechender Vulkan aus dem Bühnenzentrum gegen die kreisförmig um die Performerin platzierten Zuschauer*innen. Eckly, lediglich mit einem knisternden Rockgebilde aus gold-silbernen Rettungsfolien bekleidet, Haut und Haare mit goldener Farbe übertüncht, grölt schelmisch und lacht.

Als Nebensache, die man sich erlesen muss, schwingt inhaltlich die deutungsoffene Idee mit, dass diese anfangs und zum Ende hin in kontrolliert zurückgenommenen Armbewegungen und klaren Handgesten geradezu ritualhaft Respekt einfordernde, später die Zunge bleckend ins tief-breitbeinige Plié absackende und von der Hüfte aufwärts mal nach vorne, mal nach hinten unnatürlich wegkippende Figur auf Spuren der mythologischen Medusa wandelt. Tolldreist die eigenen, zu großen Blickkratern übermalten Augen geschlossen.

Weiter ging es in der Muffathalle mit „Working with Children“ – einem ethisch-choreografischen Essay der aus Australien stammenden Nicola Gunn. Als Performance-Künstlerin und Autorin bespielt sie in Norwegen das Feld sozial engagiert auftretender Kunst, oft aufmüpfig und voller Humor. Gemeinsam mit fünf zwölfjährigen Schülerinnen aus München klopft sie in einem sich zur Performance steigernden Live-Workshop-Ambiente Risiken nach moralischen Grundsätzen ab, die Intimität oder Bloßstellung bzw. privates Verhalten im Gegensatz zu unserem Auftreten in der Öffentlichkeit in sich bergen. Das Publikum wird allerdings damit herausgefordert, sich auf weiter Strecke zwischen Lesen/Begreifen der in Englisch auf die Hinterwand projizierten Ausführungen und tänzerischen Happenings im Vordergrund entscheiden zu müssen.


Die weiteren Vorstellungen der Reihe sind „Panflutes and Paperwork“ von Ingrid Berger Myhre und Lasse Passage, Daniel Mariblancas „71 BODIES 1 DANCE“ und „Diorama“ von Ingrid Fiksdal.

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