She She Pop, „Frühlingsopfer“, aufgeführt von She She Pop und ihren Müttern

She She Pop, „Frühlingsopfer“, aufgeführt von She She Pop und ihren Müttern

Ehrung für She She Pop und kainkollektiv

Pick bloggt über die Verleihung des George-Tabori-Preises

Günter Jeschonnek, der Urheber des George-Tabori-Preises, erhält trotz Abwesenheit minutenlange Ovationen

Berlin, 22/09/2015

Ein zusätzlicher Grund, warum ich in Berlin war Anfang September, war die Verleihung des von Günter Jeschonnek, dem bisherigen Geschäftsführer des Fonds Darstellende Künste initiierten George-Tabori-Preises, der in diesem Jahr bereits zum sechsten Mal verliehen wurde. Begrüßt wurden wir von der Hausherrin des HAU 1 (des ehemaligen Hebbel-Theaters), der sympathischen Annemie van Ackeren und der Vorsitzenden des Fonds Darstellende Künste, Ilka Schmalbauch, die mit Erfolg ihren natürlichen Charme gegen eine Justiz-Mine eingetauscht hatte und die „Urteile der Jury“ mitzuteilen hatte.

Entschieden hatten die Damen und Herren zu Gunsten der großartigen Theatergruppe She She Pop, in Berlin und Hamburg beheimatet. Diese Gruppe ist ursprünglich hervorgegangen aus einem Studiengang der Universität Gießen, die zehn Jahre länger als der Preis existiert und etwas zu sagen hat, was unser Leben betrifft. Als Performance-Kollektiv arbeitet man zusammen, indem die Autorenschaft, Regie und Darstellung von allen gemeinsam erarbeitet wird. Männer dürfen auch mitmachen, aber es bleibt ein weiblich orientierter Verbund. Sie hätten diese Ehrung durchaus früher bekommen können, denn sie wurden ziemlich regelmäßig vom Fonds auch finanziell gefördert, schon zu der Zeit, als ich noch im Kuratorium meine Stimme für den Tanz erhob. Ich werde wohl nie vergessen wie Birgit Keil in einer Kuratoriumssitzung ihre Stimme erhob, um zu fragen: „Ja zählt denn Qualität heute überhaupt nicht mehr“, als ein Antrag für ein Tanzprojekt mit Mehrheit abgelehnt wurde mit der Begründung: Zu wenig innovativ. Der Preis ist übrigens mit 20.000 Euro dotiert und die launige Laudatio hielt das Gast-Mitglied des Kollektivs Annette Gröscher, die hörbar stolz auf diesen Auftritt war, wie auch auf ihre Zugehörigkeit zu She She Pop.

Sehr seltsam war allerdings, dass Günter Jeschonnek, der seit mehr als einem Dutzend Jahren die Richtung des Fonds mit großem Erfolg mitbestimmt hat und dafür oft rund um die Uhr gearbeitet hat, bei dieser Veranstaltung nicht anwesend war. Es brauchte die Rede von Prof. Oliver Scheytt, aus Anlass des 30-jährigen Bestehens dieser Förderinstitution für künstlerische Theaterarbeit in all seinen Spielarten, dass sein Name fiel und spontan die 300 Besucher, alle Insider der freien Tanz- und Theaterszene, durch minutenlange Ovationen den Redner nicht mehr zu Worte kommen ließen. Was immer sich hinter den Kulissen dieses Vereins abgespielt hat, es hätte nicht passieren dürfen – um keinen Preis – dass ein so verdienter Mann solch einen Abgang hat.

Verliehen wird in jedem Jahr auch ein Förderpreis, der mit 10.000 Euro dotiert ist und an kainkollektiv , kein Kinder-Theater, aus Bochum ging. Der Laudatio des Bundestagsabgeordneten Siegmund Ehrmann konnte man nur schwer folgen, weil Kinder dazwischen plärrten, die sich als Kleinkinder der Geehrten erwiesen und ebenfalls die Bühne erklommen, um den Preis entgegen zu nehmen. Man hätte eigentlich Herrn Ehrmann, auch Vorsitzender des Ausschusses Kultur und Medien, fragen können, wie man solcher Probleme bei Bundestagssitzungen Herr wird.

Man zeigte Filmausschnitte, die ich schon immer für überflüssig hielt, weil sie kein richtiges Bild in drei Minuten wiedergeben können, warum die Preisträger oder die Nominierten, das Radiokollektiv Ligna und die Gruppe Mouvoir der Choreografin Stephanie Thiersch, erwählt wurden. Aber es gab auch künstlerische Live-Zugaben der Popgitarristin Bernadette La Hengst und des Duos Taylor & Nordhoff, einem Countertenor, mit dem geglückten Experiment zu elektronischer Musik seine herrliche Stimme erklingen zu lassen. Und das Sahnehäubchen, eigentlich eher eine ausgewachsene Haube, war die Leiterin des Ballhaus-Ost, Tina Pfurr, die im „kleinen Schwarzen“ als quasi Nachfolgerin von Trude Herr und dann in schrilleren Kostümen, ähnlich der Dame aus Marzahn durch das Programm führte und zum guten Schluss, schade, dass RTL nicht dabei war, die Zuschauer auf die Bühne bat, mit ihr zu tanzen.

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