„Torobaka“ von Akram Khan und Israel Galván

„Torobaka“ von Akram Khan und Israel Galván

Machtkampf für die Sprache

Akram Khan und Israel Galván im Europäischen Zentrum der Künste in Hellerau

Was passiert, wenn indischer Kathak und spanischer Flamenco aufeinanderprallen, haben Akram Khan und Israel Galván mit „Torobaka“ gezeigt. Am Ende wurden sie mit standing ovations bedacht.

Dresden, 13/07/2014

Die Geschmeidigkeit Akram Khans ist beispiellos. Wie er ausgerechnet der Idee verfiel, eine gemeinsame Arbeit mit dem erfolgreichsten Tänzer des zeitgenössischen Flamencos zu schaffen, kann man angesichts dieser tänzerischen Explosion ahnen. Aber eben doch nur ahnen. „Torobaka“ setzt ganz am Anfang an - am Anfang menschlicher Kultur, bevor die Gedanken zu Worten wurden.

Die Bühne ist kreisrund, nahe liegt die Assoziation einer Stierkampfarena. Zu nah, weil man mit diesem Bild der Urgewalt dieses Stückes nicht gerecht werden würde. Der Kreis stellt vielmehr die erfolgreiche Quadratur dieses Kampfes dar.

Akram Khan und Israel Galván tanzen gleichzeitig, auf einer Bühne, nebeneinander, aber in keiner Sekunde miteinander. Das wäre schlichtweg unmöglich. Nicht, weil Kathak und Flamenco keine Schnittmengen hätten. Die sind überraschend groß. Aber diese beiden Persönlichkeiten sind in ihrer Kongenialität derart stark, dass hier zwei gegensätzliche Pole aufeinander treffen, deren Kräfte nichts und niemanden neben sich gelten lassen können.

Explosion wäre möglicherweise eine Vokabel, die hier angemessen ist. Das Aufeinandertreffen der beiden Tänzer fällt derart energiegeladen aus, dass die Szenen, in denen sie jeweils allein agieren, geradezu beliebig wirken und man nur auf das nächste Duell wartet. Dabei verwenden sie eine Sprache, deren Buchstaben erst Wörter werden sollen. Diese Form der Kommunikation ist nicht allein abstrakt, sie ist vorsprachlich, denn sie bedient sich kleinster Einheiten, die für den jeweiligen Tänzer zur Sprache gereichen, aber nicht zur Kommunikation mit dem anderen. Es ist mehr ein Aufzeigen der eigenen Sprache, die durch den anderen aufgenommen und getestet, aber auch in Frage gestellt wird: Israel Galván reißt stumm den Mund auf, Akram Khan hält ihm diesen demonstrativ zu.

Im Sinn der Sprache spricht auch das Schlussbild Bände. Beide Tänzer stehen sich am Rand der runden Tanzfläche gegenüber, bereit zum nächsten Duell, und schlagen jeweils nur mit einem Fuß in den Kreis. Immer wieder. Bis aus Rhythmus Sprache wird.

Gestützt wird dieser Gedanke durch vier hervorragende Musiker und Sänger, die organisch in die Dramaturgie eingewebt sind und im Einklang mit den Tänzern mehr als nur einen bloßen Klangteppich liefern. Das Publikum bedachte sie deshalb mit nicht geringerem Applaus als die beiden Tänzer.
 

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