Coppélia – Unsterblich! Jung!

Die künstlerischen Träume der „Enfants de la Danse“ auf DVD

Berlin, 01/02/2011

Diese neue, zweiteilige DVD der Arthaus Musik wird ganz sicher viele, insbesondere junge Liebhaber finden. Die berühmte École de Danse de l´Opéra national de Paris gibt mit dem Live-Mitschnitt der französischen Ballettkomödie „Coppelia“ (2001) und einem rund einstündigen Porträt (1997) der weltweit ältesten Institution für die Ballettausbildung sehr interessante Einblicke in den Alltag und die künstlerischen Träume der „Enfants de la Danse“.

Beide Filmdokumente spiegeln ihrerseits Facetten einer fast 300-jährigen Ausbildungstradition. 1987 wurde der neue Schulkomplex im modernen Stadtteil Nanterre in Anwesenheit von Rudolf Nurejew eingeweiht. Anlässlich des zehnjährigen Bestehens der École de Danse de l´Opéra national de Paris, die Tanz- Wohnbereich und Schule unter einem Dach vereint, zeigt die Dokumentation anschaulich die Prämissen der Ausbildung. „Tradition, Entwicklung und Perfektion sind die drei Grundelemente, auf denen unsere Lehre steht“, so die damalige Direktorin und Pädagogin Claude Bessy. Der Zuschauer bekommt vielfältige Eindrücke von der Probenarbeit der Eleven in den Studios mit hervorragenden Lehrern (wie Serge Golovine, Irina Grjebina, Claire Baulieu) und in der Begegnung mit Solisten der Pariser Oper (Patrick Dupond, Monique Loudieres, Manuel Legris, Eric Vu An). Lebhaftigkeit, Schnelligkeit, Charme, Technik, Präzision und stilistische Vielseitigkeit stehen im Zentrum der Ausbildung. Es ist eine Freude, den jungen Tänzerinnen und Tänzern beim Adagio-Unterricht, der täglichen Vervollkommnung der Sprungtechnik und des Spitzentanzes zu zusehen. Von bleibender Aktualität sind die Statements von Maurice Béjart und Roland Petit wider den Dilettantismus und für die Weckung der Neugier der jungen Generation. Zu Recht schließt die Dokumentation mit der stolzen Bilanz, dass im Zeitraum von nur zehn Jahren 85 Absolventen an die Pariser Oper verpflichtet wurden und ihre künstlerische Karriere (als gefeierte Danseuse Etoile/ Danseur Etoile) auf einem erstklassigen Fundament starten konnten.

Dazu zählt auch die Mitwirkung in der jährlichen Schulpräsentation im Palais Garnier. Traditionell werden die besten Eleven für die beliebte Ballettkomödie „Coppelia“ besetzt. In den Hauptrollen der Aufführung vom 2001 tanzen die damals 16-jährigen Charline Giezendanner (Swanilda) und Mathieu Ganio (Franz) erstaunlich stilsicher, wandlungsfähig und charmant. Claude Bessy, die ehemalige Primaballerina und langjährige verdienstvolle Direktorin (1972-2004) der École de Danse de l´Opéra national de Paris, hat gemeinsam mit Pierre Lacotte (der Ballettexperte ist selbst in der Rolle des schrulligen Puppenmachers Coppelius zu erleben) eine zweiaktige Bühnenfassung geschaffen, die der Originalchoreografie der Pariser Uraufführung (1870) von Arthur Saint-Léon ebenso nahe kommt wie die (nachgebildeten) naturalistischen Kulissen (einer Grenzstadt in Galizien, Coppelius´ Kabinett der Musikautomaten) und die bunten Folklore-Kostüme.
„Coppelia“ handelt von jungen Leuten und ihren ersten Liebesnöten. Dass diese komödiantische Geschichte hier von ebenso jungen Interpreten getanzt wird, spricht für sich.

Hingegen ist zu befragen, ob die beschränkte Figurenvielfalt und die daraus resultierende tänzerische Handlung als Kammerspiel (2. Akt) ausreichend Gelegenheit bieten, die Potenzen des tänzerischen Nachwuchses aller Altersklassen (nicht nur in Czardas und Mazurka) zu präsentieren. Dennoch werden die Zuschauer von der sprühenden Lebendigkeit dieser Interpretation des französischen Ballettklassikers mit der schmissigen Musik von Léo Delibes begeistert sein und sich insbesondere als Ballettschüler ermutigt fühlen selbst mit ebenso viel Verve und inhaltlicher Präzision zu tanzen. Diese „historische“ „Coppelia“-Aufnahme vermittelt auf exemplarische Weise, wie das Tanzerbe gepflegt und von jungen Eleven der École de Danse de l´Opéra national de Paris auf dem Weg zum Etoile lebendig gehalten wird.

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