Soft aber Fair

Steht nun also auch der Fußball vor seinem Coming-Out?

oe
Stuttgart, 24/03/2010

Lange genug hat‘s gedauert, aber nun scheint auch die letzte Festung der Männlichkeit zu bröckeln, steht der Fußball unmittelbar vor seinem Coming-Out! Erste Anzeichen waren bereits beim Tode von Robert Enke zu beobachten. Fassungslos registrierte die riesige Gemeinde der Fußballfans, dass sich hier eins ihrer Idole in den Suizid getrieben gefühlte hatte, aus Scham, sich zu seiner menschlichen Schwäche zu bekennen.

Noch hat die Botschaft nicht die Sky-Plattform der Beckham und Ronaldo erreicht, doch schon beginnt es, auf der Schiedsrichter-Ebene zu gären. Und so scheint es nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis auch der jüngste Junior in der dritten Bundesliga den Mut hat, zu sagen: hier kicke ich, ich kann nicht anders, und das ist auch gut so! Warum sollte es auch länger ein gesellschaftlicher Makel sein sich dazu zu bekennen, da doch Vizekanzler, Oberbürgermeister und Parteivorsitzende in aller Öffentlichkeit mit ihren Lebensgefährten auftreten.

Endlich können auch die Ballettfans, so oft als Reaktionäre gebrandmarkt, sagen: wir waren die Pioniere der Coming-Out-Bewegung! Wurde nicht der ganze Aufbruch in die Ballettmoderne – ja, in die moderne Kunst von zwei Männern, Diaghilew und Nijinsky, als Geburtshelfer vor genau hundert Jahren in die Wege geleitet? Und hat sich nicht auf diesem Sektor eine ungebrochene Tradition bis in die unmittelbare Gegenwart gebildet – via Dolin und Lifar, Ashton, Tudor und Robbins, Cunningham und Taylor, Tetley, Cranko und Béjart, van Manen und van Dantzig, Neumeier, Malakhov und Anderson, Morris, Wheeldon und Schläpfer, Spuck und Goecke! Nur Mut, möchte man den Artisten auf dem Rasen zurufen! Aber bedarf es dessen heute überhaupt noch, wo doch bereits das Talkshow-Publikum (wie gestern Abend in „Hart aber fair“ im Ersten) jedem diesbezüglichen Bekenntnis Beifall zollt?

 

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