„4 Elements, 4 Seasons”, ein „Choreographic Concert”

DVD mit Juan Kruz Diaz de Garaio Esnaola und Midori Seiler

Berlin, 25/09/2009

Nicht schon wieder die „Vier Jahreszeiten”! Der Unmut von Folkert Uhde lässt sich nachvollziehen, wenn man an die „musique d’ameublement” denkt, zu der Vivaldis Violinkonzert inzwischen verkommen ist. Die Akademie für Alte Musik Berlin hat sich dem Werk stets verweigert, und allein seiner Konzertmeisterin Midori Seiler wegen nahm es der Manager des Ensembles (und Mitbegründer von Radialsystem V) schließlich doch noch ins Repertoire – allerdings nicht als ein Stück abgespielter Gebrauchsmusik, wie man es heute gewohnt ist, sondern als ein „choreografisches Konzert”, durch das immer wieder ein frischer Wind fegt.

Das ist auch durchaus wörtlich zu verstehen, wenn im zweiten Konzert nicht mehr der Zephir weht, sondern dem „Sommer” auf einmal „der Nord ins Gesicht” bläst. So jedenfalls heißt es im „Sonetto Dimonstrativo”, das Antonio Vivaldi seinen „Quattro Stagioni” voranstellt (und die Uhde als Bonusmaterial zur DVD-Einspielung vorliest). Brigitte Kramer und Jörg Jeshel, die für arte/zdf und harmonia mundi die Koproduktion mit sasha waltz & guests aufgezeichnet haben, lassen sich und die Kameras von der stürmischen Inszenierung so mitreißen, dass man auch als Zuschauer versucht ist, sich am Stuhl festzuklammern.

Nicht nur hier gelingt es Juan Kruz Diaz de Garaio Esnaola, das Publikum zu packen, indem er die Musik bewegt. Das langjährige Ensemblemitglied von Sasha Waltz lässt nicht einfach tanzen. Als Musikkenner und ausgewiesener Countertenor choreografiert er das Kammerorchester so, dass es sich nicht hinter den Notenständern verschanzen kann. Midori Seiler aber, die wunderbare Solistin, steht zwischendurch immer mal wieder Kopf, ohne das Stück jemals zu vergeigen. Herausgefordert von den ungewöhnlichen Umständen, „verkörpert” sie vielmehr die „Jahreszeiten” so durch und durch, dass ausnahmsweise nicht nur ihr Ton die Musik macht. Das „choreographische Konzert”, eine Abfolge von Tableaux vivants auf der Grundlage von Vivaldis Sonetten, gelingt mehr: nämlich eine bildhafte Verschmelzung von Klang und Körper.

Das ist auch bei den „4 Elementen” nicht anders, die Vivaldis Violinkonzert vorangestellt werden und den „4 Jahreszeiten” eigentlich den Boden bereiten: ein fast vergessenes Ballett des Barockkomponisten Jean-Féry Rebel aus dem Jahr 1737, das mit einem seinerzeit unerhörten Cluster-Akkord einsetzt und damit das „Chaos” zu Beginn von Haydns „Schöpfung” vorwegnimmt. Juan Kruz Diaz de Garaio Esnaola stellt sein Lieblingsstück ganz auf sich selbst ab – und ist dabei nicht im selben Maße so erfinderisch wie beim nachfolgenden Vivaldi-Konzert. Sehenswert ist sein Solo allemal, und deshalb ist es schade, dass arte bei einer Vorabausstrahlung gerade diesen Teil kappte. Offenbar geht eben doch nichts ohne die „4 Jahreszeiten”.

4 Elements, 4 seasons – Vivaldi: Quattro Stagione, Rebel: Les Éléments”. A Choreographic Concert (+ Bonusmaterial). harmonia mundi, HMD 9909026 
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