Tanz der Wellen ums Weißbier

Die Kompanie Hausgemacht widmete sich im Münchner Institut Français dem Thema Wasser

München, 29/05/2008

An Fantasie mangelt es Minka Marie Heiß nicht. Die Chefin der Kompanie Hausgemacht setzte für ihre Choreografie „Courants et ondulations“ immerhin das Institut Francais an der Kaulbachstraße unter Wasser. Natürlich wurde trotzdem niemand nass. Denn es waren Tänzerinnen, die herumwirbelten, Strudel bildeten und in jede Nische strömten. Geschwommen wurde aber tüchtig: Der tanzende Strom der Wellen und Tiden trieb die Zuschauer treppauf treppab.

Alles begann am sanft plätschernden Brunnen im Garten. Heiß und ihre Tänzerinnen nähern sich dem nassen Element langsam, gebärden sich in Heiß’ ornamentaler Körpersprache, bei der sich Arme und Beine in alle Himmelsrichtungen strecken, zunächst dekorativ wie Delfine. Doch bald wird das Ganze ursprünglicher, die Protagonistinnen fließen lautlos durchs Publikum, zwischen Schultern hindurch und hinter Rücken vorbei, bilden in sich verschlungene Strudel oder Wellen. Das Geräusch des Brunnens wäre dazu wunderbar gewesen, das Mischpult lieferte dazu jedoch eine Klangcollage aus unendlich vielen, gesprochenen Wasserbegriffen. Schade, so geriet der Erstkontakt des Publikums mit den „Strömungen und Wellen“ (so der Titel auf Deutsch) eher trocken.

Im Atrium ging es dann aber zur Sache. Welche Rolle spielt Wasser in unserem Leben? Außer, dass es sich permanent durch unseren Sprachgebrauch zieht, waren und sind Flüssigkeiten schon immer auch Ausdruck von Lebensmodellen und Moden. So verdingen sich die Tänzerinnen hier auch als Anhänger von Tee und Kombucha, beten Weißbier und Cola an. Und trotzdem vertrocknen sie. In einem zärtlichen Duett von Minka Heiß und Verena Dold offenbart sich Durst als eine Urgewalt, dem mit lauen Wässerchen zu helfen plötzlich geradezu kriminell erscheint. Nur die reine, klare Natur, und sicher nicht nur die des Wassers, sondern auch des Menschen, kann ihn stillen, hier gezeigt als Verstrickung und langsames Ineinanderfließen der Glieder.

Doch Wasser macht ja auch Spaß. Also kommt auch der Humor nicht zu kurz: Auf der Empore gibt es eine Schwimmstunde, auf der Terrasse einen Pas-de-deux mit Flossen und in der Galerie eine Sufragetten-Diskussion, die in nassen Schimpfwörtern endet: „Kaulquappe! – Pissnelke!“ Es wurde also viel gesprochen an diesem Abend. Aber auch viel gekrault und sich treiben gelassen. „Courants et ondulations“ ist keine Jahrhundertflut, eher vergnüglich wie ein Tag am Swimmingpool. Und eine charmante Abwechslung für ein trockenes Biedermeierpalais, das sonst hohe Sprachkunst beherbergt.


Video-Teaser zur aktuellen Produktion „hydrophil“ unter http://de.youtube.com/knollpr

Bühnenpremiere: Mittwoch 4. Juni 2008, 20:30 Uhr, weitere Aufführungen: 5./6. Juni, jeweils 20:30 Uhr, i-camp/neues theater münchen

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