L.R. Memory

Eine gelungene Performance zum 100. Geburtstag von Lola Rogge

Hamburg, 07/07/2008

Die Hochburg der Schulen für modernen Tanz in Hamburg, die Lola-Rogge-Schule, feierte den 100. Geburtstag ihrer Gründerin mit einer großartigen Performance und einem bunten Querschnitt durch die Klassen. Christiane Meyer-Rogge-Turner, die die Schule 1977 von ihrer Mutter übernahm, hat nach Musik von György Ligeti selbst ein einstündiges Stück für sechs Tänzerinnen und – im Rahmen eines kurzen Auftritts als Tod – einen Tänzer geschaffen. Es sind Phantasien über sechs Posen, für die Lola Rogge berühmt war und die auf Fotos festgehalten sind: eine raumgreifende Sprungpose, eine Trauernde/Mahnende, Penthesilea (aus „Die Amazonen“ von 1935), ein Sprung am Strand, Kaiserin (aus „Lübecker Totentanz“ von 1954) und Thyll (aus dem gleichnamigen Stück von 1933). Es ist ein faszinierendes Versteck- und Entdeckspiel mit sechs lebensgroßen Schablonen, aus denen die jeweilige Pose herausgeschnitten wurde.

Eine Spielerin legt diese Schablonen, die anfangs an der Wand stehen, auf dem Boden aus. Nach und nach legen sich die Darstellerinnen in die für sie vorgesehene hinein, die Spielerin nimmt die Schablonen wieder auf, bewegt sich damit durch den Raum, bis sie wieder an der Wand stehen – was die Darstellerin zum Leben erweckt. Ausdrucksstark tanzen sie jeweils ihre Rolle, sparsam in der Gestik, zwingend in der Bewegung. Es ist ein ständiges Kommen und Gehen, ein Auf und Ab, Neben- und Mit- und Gegeneinander, und doch verbindet alle ein unsichtbarer Faden. Es ist ein Stück, das folgerichtig fortsetzt, was Lola Rogge als Tänzerin und Choreografin immer ausgemacht hat: das Sprengen von Konventionen, die sich um nichts scherende Kreativität, der Mut, neue Wege zu gehen, und die hohe Kunst der tänzerischen Improvisation.

Schon 1933 kreierte die Schülerin Rudolf von Labans, den sie zeitlebens bewunderte, ihr erstes abendfüllendes Tanzspiel „Thyll“. 1935 wird sie Tanz- und Trainingsleiterin am Deutschen Schauspielhaus, eine Position, der sie bis 1959 treu bleibt. Ihr wichtigstes Anliegen neben dem Tanztheater, dem sie große Werke schenkt wie „Vita Nostra“ (1950), „Theodora“ (1952), „Lübecker Totentanz“ (1954), ist aber die Schule. Den Tanz unters Volk zu bringen lag ihr bis zu ihrem Tod im Januar 1990 am Herzen. „Dieser Ansatz lebt heute wieder auf in der Kinder- und Jugendarbeit von ,Rhythm is it´ und den diversen Nachfolge-Projekten“, sagt Christiane Meyer-Rogge-Turner.

Das ist aber nur das eine. Ihr selbst geht es auch um den Erhalt der freien Kreativität, um das Ringen um neue Formen. Und so versucht sie, in der Schule neben der Ausbildung von Tanzpädagogen den Begabten immer wieder Mut zu machen, ungewohnte Wege zu gehen, Neues zu wagen, auch wenn die offizielle Anerkennung mager ist. „Tanz wird heute zwar stärker gefördert als früher, aber er hat noch längst nicht den Stellenwert, den er haben müsste“, meint die 64-Jährige. Und so war ihre Performance auch ein Fanal und eine Ermutigung für alle diejenigen, die sich dem unkonventionellen Tanz verschrieben haben. Lola Rogge hätte sich bestimmt sehr darüber gefreut.


Weitere Informationen über die Schule: www.lolaroggeschule.de

 

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