Der Wald blutet aus
Katrin Kelly feiert mit dem Gauge Dance Theatre in „Z_wischenräume“ Premiere im Theaterforum Berlin-Kreuzberg
Bleierne Zeit. Drei Frauen. Ein Körper ohne Seele. Gefangene in Seilen. Umherirrende im Raum. Sie kriechen, erheben sich mühsam, werden im Stehen von kleinen Sprüngen eruptiv geschüttelt, fallen zu Boden. Pulsierendes Klopfen, dumpfe Uhrschläge, metallisches Gekreisch. Ruckartige Armbewegungen, zuckende Knie, hochgezogene Schultern. Bewegungsmuster, die sich durch die Wiederholung schmerzhaft einprägen, viel später erst streichelt eine Hand das Gesicht, legt sich auf die eigene Brust, sucht ein Kopf Halt an einer Schulter.
In der schnörkellos konzentrierten Bewegungssprache von Katrin Riedel-Kelly (Jg. 1976, London-Berlin) ist das 50-minütige Frauentrio ein einziger weiblicher Monolog über die Angst vor dem Verlust des Ichs. Bewegungs- und Sprachsplitter prallen gegeneinander. „Ich bin die Frau einer Frau einer Frau“. Raisa Kröger, Saskia Oidtmann und Anja Richter konturieren diese allmählichen Spieglungen einer zerbrochenen Existenz mit messerscharfer Präzision. Tanz zwischen Ferne und Nähe. Winzige synchrone Bewegungssequenzen montiert in eine Endlosschleife der isolierten Erwartung zwischen Ausbruch und Stillstand. Nach dem ungenau inszenierten Auslöschen des eigenen Bildes im Spiegel, erscheint der langsame Gang der drei Protagonistinnen im warmen Licht auf einander zu als romantische Vision. Eine Frau ist der Welt abhanden gekommen. Zum harmonischen Klaviermotiv wühlt sie in einem großen Kleiderberg. „Ich bin die Frau einer Frau einer Frau“, die verzweifelt den Weg „raus aus den engen Klamotten sucht“.
Nach vier Produktionen in England ist „Borders + Passages“ Katrin Riedel-Kellys erstes Stück, das am 18. Juli vor einem interessierten Publikum im Pumpwerk Berlin seine erfolgreiche Deutschlandpremiere erlebte.
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