„Any Hisbollahs here? Come on, take a break!“

Nigel Charnock eröffnet mit „Frank“ die Tanzwerkstatt Europa

München, 03/08/2006

Er tanzt sich den Wolf und redet, was das Zeug hält. Frank und frei, definitiv nicht politisch korrekt, bombardiert Nigel Charnock sein Publikum mit Bonbons, den eben ausgezogenen weißen Socken und ätzenden Kommentaren zur Lage der Welt. „Any Hisbollahs here? Come on, take a break!“ Was der britische Tänzer und Choreograph zur Eröffnung der Tanzwerkstatt Europa in der Münchner Muffathalle vom Stapel lässt, schillert zwischen Stand-up-Comedy und Kabarett, Improvisation und Konzert (er singt bewunderungswürdig und spielt unterm Laken als Zeitgeist verkleidet Mundharmonika), Show-Entertainement und – Tanz. Virtuos persifliert er in seinem Solo „Frank“ aus dem Jahr 2003 klassisches Training und Graham-Stil, Release und Physical Theatre. Ob butterweiche Körperwellen oder athletisches Berserkertum, flockige Sprünge oder hochgespanntes Gestakse, präzise Gesten und pathetische Posen, Charnock ist es ständig um eines zu tun: „Kunst! Wo ist meine Kunst? Ich will Kunst!“, ruft er aus, um gleich darauf wieder vernuschelnd herumzupusseln, nicht schusselig, sondern fiebrig.

Immer wieder turnt er ins Publikum, hält stets einen neuen Pfeil im Köcher bereit oder greift ihn aus der Luft, charmant, makaber, kobolzend.

Charnock, mittlerweile auch im gesetzteren Alter, erzeugt Wellen aus Energie und Vitalität. Von der Bühne rollen sie immer wieder auf uns zu. Dankbar lässt man sich darauf in anarchische Gefilde tragen, lacht sich krumm und schief, wohl wissend, dass nicht alles taufrisch ist, was uns Charnock hier zu den großen Themen des Lebens zu sagen hat, zu Liebe und Tod, Selbstmord und Scientology, Politik und Katzen, deutschem Charakter und Sprachgebrauch, Jüdisch-Sein und Sex. Aber was macht das schon!

Kommentare

Noch keine Beiträge