Wiener G'schichtn aus dem Salzkammergut

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St. Wolfgang, 24/03/2004

Nein, kein neuer Horváth! Auch keine Ballett-Neuigkeiten aus dem Salzkammergut (wenn man sieht, wie schwer sich die Salzburger Festspiele mit dem Tanz tun, wächst die Bewunderung für die von Peter Breuer am Landestheater geleistete Arbeit ins Grenzenlose). Doch zwischen St. Pölten und ein paar Ausruhetagen am Wolfgangsee lag noch eine zweitägige Stippvisite in Wien – ganz ohne Tanz und Ballett, mit einer hervorragenden Aufführung von Brittens Oper „Billy Budd“ in der Staatsoper – dafür aber jeder Menge Gespräche mit tanzinvolvierten Leuten. Und immer die Frage, wie´s denn wohl weitergehen könnte mit dem Tanz in Wien nach Zanellas offenbar von kaum jemandem ernstlich betrauerten Rückzug von der Staatsoper nach der nächsten Spielzeit.

Dazu ist zunächst festzustellen, dass der Tanz in Wien sozusagen auf zwei sich nicht besonders grünen Ebenen existiert. Einmal als repräsentatives Staatsopernballett (mit dem Anhängsel des Volksopernballetts, dessen neuer Leiter mein Angebot einer Begegnung leider ignorierte). Und zum anderen auf der freien Szene und im Tanzquartier. Was die Staatsoper angeht, so ist bekannt, dass Direktor Ion Holender als Ballettchef partout keinen kreativen Choreografen haben will, sondern eher einen Ballettmanager. Da werden in Wien die abenteuerlichsten Namen gehandelt, auch Andrea Amort wurde schon genannt. Andere Kreise setzen auf den in Wien nach wie vor äußerst populären Vladimir Malakhov. Dann wieder ist die Rede von einem Youngster aus der Stuttgarter Kaderschmiede.

Mir scheint das alles ziemlich konfus. Allerdings wüsste ich einen, dem ich zutrauen würde, das Staatsopernballett samt Schule von Grund auf und erfolgreich zu reformieren: Martin Puttke aus Essen. Der würde es allerdings wohl nur machen, wenn man ihm in einen Vertrag als autonomer Ballettintendant anbieten würde und darin eine Partnerschaft mit dem Staatsoperndirektor „auf Augenhöhe“ (ein Lieblingsausdruck Puttkes) festschreiben würde. Wogegen sich Holender vermutlich energisch und unter Androhung seines Rücktritts wehren würde. Also eine hoffnungslose Situation? Ich fürchte, ja!

Andere Wiener Gesprächsthemen: der provozierte Opernball-Skandal mit dem Beschwichtigungsversuch eines angeblichen Missverständnisses zwischen Holender und Zanella. Weiter Zanellas Hoffnungen auf Klagenfurt und seine Liaison mit dem nach wie vor politisch höchst umstrittenen Jörg Haider, dem man immerhin zutraut, dass er als Landeshauptmann von Kärnten dort ein Festspielhaus à la St. Pölten bauen könnte. Weiter die Klagen über die viel zu wenigen Vorstellungen des Staatsopernballetts (eine einzige „Giselle“ mit Margaret Illmann, die die Wiener zu ihrer Publikumsfavoritin erkoren haben – und die zugibt, ihre glücklichste Zeit mit ihrem Honeymoon in Stuttgart gehabt zu haben. Ach, Anderson!

Die Stadt ist so schön und so attraktiv! Ach böte sie doch wenigstens gelegentlich einen Anlass, der mich einfach dazu zwänge, dass ich hinfahren muss! Ach ja – aus Wien werde ich korrigiert, dass es bereits zwei große Forsythes in Österreich vor St. Pölten gegeben hat: sogar eine richtige Uraufführung an der Wiener Staatsoper und dann auch in Graz ebenfalls in seligen Brunner-Tagen. Gott hab sie selig!

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