Heide Lazarus: CD-ROM „Die Akte Wigman“

oe
Stuttgart, 26/01/2004

Mit einiger Verspätung – und überfälliger Entschuldigung – hier angezeigt: das Erscheinen einer CD-Rom „Die Akte Wigman“ von Heide Lazarus. Sie ersetzt praktisch einen ganzen dickleibigen Band über die Galionsfigur des deutschen Ausdruckstanzes und versteht sich als Dokumentation mittels zahlreicher Beiträge, die von unterschiedlichsten Autoren stammen und über Wigman hinaus einen Überblick über die Aufbruchsbewegung des modernen Tanzes und seiner besonderen Verflechtung mit der Dresdner Stadtgeschichte bieten.

Die einzelnen Kapitel sind klar gegliedert und leicht abrufbar. Auf eine Einleitung folgt ein knapper biografischer Abriss, wobei ich mich ein bisschen über die englische Aussprache ihres Namens gewundert habe, bedingt sicher durch das eine „n“ am Ende ihres Familiennamens. In den Berliner Nachkriegsjahren bis zu ihrem Tod 1973 haben wir ihren Namen jedenfalls immer deutsch ausgesprochen. Doch wie dem auch sei: was hier an Informationen geboten wird über die Tänzerin, Choreografin und Pädagogin, ist durchaus imponierend – auch über ihre Einschätzung durch die Zeitgenossen und ein paar Kritiker (dagegen sind kaum Aussagen ihrer Schüler zu finden), die auch das Umfeld ins Visier nehmen, wie zum Beispiel die Bürokratie der Dresdner Stadtverwaltung (die ihr den Begriff Schule streitig machte), oder die sich abzeichnenden politischen Interventionen. Sehr nützlich sind auch die Literaturverweise am Ende der einzelnen Kapitel.

Die Dokumente bieten dann Funde aus den Jahren 1920 bis 1942, generelle Anmerkungen zur Körperbildung von 1890 bis 1933, die Verflechtungen von Tanz und Politik in den Jahren 1916 bis 1936, den Umbruch des Jahres 1933, die Strukturen der Stadtverwaltung von 1919 bis 1932, ein Porträt Dresdens als Stadt des Tanzes von 1910 bis 1936, die Eingriffe in die Schulautonomie 1924 bis 1931, eine Historie der Schule von 1920 bis 1942, eins der ganz frühen Hörspiele für den Rundfunk beim Sender Dresden mit E. Kurt Fischers „Trommel, Trommel, Gong“, klassifiziert als ein Zeitgedicht in Stimmen, Klängen und Geräuschmusik aus dem Jahr 1932 mit dem Geräuschorchester der Wigman-Schule und schließlich noch ein eigenes Kapitel über die Geräuschmusik (sozusagen als Vorreiter der späteren elektronischen Musik).

Das ist alles sehr dienlich und außerordentlich benutzerfreundlich. Was ich mir zusätzlich gewünscht hätte, wäre eine größere Fotoauswahl gewesen, aber ich kann mir vorstellen, dass die wahrscheinlich beträchtliche Kosten und zusätzliche Copyright-Komplikationen verursacht hätte. Insgesamt also nachdrücklich zu empfehlen – zu beziehen via e-mail über lazarusdresden@compuserve.de – Kostenpunkt (nach Erlöschen der Subskriptionsfrist – dafür meine nochmalige Entschuldigung) wohl so um die 25 Euro.

Kommentare

Noch keine Beiträge

Ähnliche Artikel

basierend auf den Schlüsselwörtern