"Tap Dogs" im Hegelsaal

Eine prima Zeit zusammen haben

Stuttgart, 30/03/2001

Vor allem in dreierlei Hinsicht unterscheiden sich die australischen „Tap Dogs“ sehr angenehm von all den anderen Steppformationen, die seit Jahren mit immer noch wachsendem Erfolg durch die Arenen der Welt ziehen: Sie sind unerhört sympathisch, ihre Auftritte scheinen ihnen selbst am meisten Spaß zu machen, und sie liefern eine grundehrliche Show ab. Wenn sie ein Feuerwerk auf der Bühne brauchen, dann benutzen sie nicht pyrotechnisches Hightech, sondern sie greifen zu veritablen Schleifscheiben und lassen von ihnen die Funkenkaskaden sprühen. Und wenn sie denen hinten im Saal eine Freude machen wollen, dann spritzen sie die in den ersten Reihen nass, aber richtig. Und sie lachen sich darüber kaputt.

An drei Abenden haben die sechs Burschen mit ihrer rüden Performance den Stuttgarter Hegelsaal gründlich aufgemischt. Sie sehen aus, als hätten sie gerade in einem Pub ihrer Heimatstadt Newcastle ein paar Stubbies „Victoria Bitter“ hinter die Binde gekippt und sich dann entschlossen, den „Mates“ da unten zu zeigen, was sie noch so alles drauf haben. Grobkarierte Hemden, vorne offen, die Ärmel hochgekrempelt, in Jeans, Stiefeletten an den Füßen, hacken sie auf die Bretter und Bleche, dass einem Augen und Ohren übergehen. Die brauchen keine Kontaktmikrofone in ihren Schuheisen, die sie immer wieder mit einem Schraubenzieher aus der Gesäßtasche nachziehen, ihnen reichen normale Bodenmikrofone. Ihre Waden sind schließlich nicht mit Pudding gefüllt.

Nach jedem ihrer so ungeschliffen wirkenden und doch rhythmisch so präzisen Soli löst sich ein triumphierender Schrei aus ihren Brüsten, sie lachen ins Publikum: „Ey Leute, wie war das!“ Und die Zuschauer lachen zurück und jubeln ihnen zu, als seien sie schon lange die besten Freunde. Man raucht schon mal eine zwischendurch, und wenn man noch weitermachen will, dann schubst man einen Kollegen einfach von der Bühne. Es geht zu, als sei das alles ein harmloser, spontaner Spaß. Selbstverständlich ist es das nicht, jeder Schritt ist genau choreografiert, das riskante Rutschen auf schiefen Ebenen so wie die scheinbar zufälligen Rempeleien.

Aber dieses hemdsärmelige und gutmütige, australische „lasst uns eine prima Zeit zusammen haben“, das ist es gerade, was dieser hinreißenden Show die richtige Würze gibt. Brillant, wie sie auf den sechs metallenen Kontaktplatten einen fulminanten Schlagzeugwirbel veranstalten, kopfüber auf einer Platte über der Bühne steppen, wie sie die Schritte und Rhythmen einander wie in einer Stafette weiterreichen, irrwitzig schnell metallene Leitern hinauf- und herunterrattern. Da ist kein Schmu dabei, kein bedeutungsschwerer ethnischer Ballast, der das Ganze rechtfertigen soll. Wir können etwas, ihr wollt es sehen, also lasst es uns tun! Die Bühne ist ein einziges Gewirr aus Stahlseilen und -rohren. Und zwischen ihnen rotieren diese prächtig gebauten, über die ganzen Gesichter grinsenden Tausendsassas, Menschen aus einer Stahlkocherstadt, in deren Adern flüssiges Eisen brodelt.

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