Colors in Between

Interview-Reihe zum Förderprogramm DIS-TANZ-SOLO: Raquel Rosildete, Architektin und Lichtdesignerin

Raquel Rosildete entwickelte ein vielfarbiges Lichtdesign, das für Diversität von Körperwahrnehmung einsteht und die Beschränkung auf weiße konforme Körper als vermeintlich idealem Bezugspunkt für Beleuchtung aufbricht.

Berlin, 13/01/2022

Im vergangenen, von der Corona-Pandemie geplagten Theaterjahr unterstützte das Förderprogramm DIS-TANZ-SOLO vom Dachverband Tanz Deutschland e. V. als Teil des HILFSPROGRAMMS TANZ / NEUSTART KULTUR soloselbständige Tanzschaffende. In einer Interviewreihe befragt tanznetz.de einige Künstler*innen, deren künstlerische Projekte im Rahmen dieses Programms gefördert wurden, zu ihren Erfahrungen mit DIS-TANZ-SOLO. Wie bewerten sie den Nutzen und die Nachhaltigkeit der Förderung? Und welchen Stellenwert nimmt diese für das künstlerische Schaffen in Zeiten der Pandemie ein?

Raquel, was war Deine Idee für DIS-TANZ-SOLO?

Das Konzept hinter dem Projekt „Colors in Between“ besteht darin, eine Methode zur Beleuchtung von BIPoC-Körpern auf der Bühne zu entwickeln. Ich habe einen poetischen Ansatz für die Lichtgestaltung auf der Bühne entwickelt, der das Konzept des universellen Seins oder Körpers in Frage stellt. Die weiße Haut als Bezugspunkt für die Beleuchtung zu betrachten, ist eine rassistisch geprägte Entscheidung. Das verhindert, dass wir Lichtdesigner*innen in unserer täglichen Praxis verschiedene Hautfarben und nicht-konforme Körper in all ihren kreativen Möglichkeiten erkennen. „Colors in Between“ betrachtet farbige Beleuchtung als poetische Alternative für die Tanzbeleuchtung, indem Farbtöne zu dem Grundlicht gebracht werden. Außerdem zeigt es noch neue Parameter für den kreativen Prozess hinter der Bühne an.

Warum hast Du dieses Förderprogramm gewählt?

Es gibt viele Gründe, warum ich Dis-Tanz-Solo ausgewählt habe. Der erste Grund ist, dass ich in den letzten drei Jahren mit Tanz in Berlin gearbeitet habe, und ein Förderprogramm, das nur für die Arbeit im Tanzbereich bestimmt ist, schien mir für meinen beruflichen Werdegang in dieser Stadt geeignet zu sein. Der andere Grund ist, dass der Bewerbungsprozess sehr erleichtert und vereinfacht wurde. Es war außerdem noch möglich, sich auf Englisch zu bewerben. Das hat die gesamte Entwicklung des Textes flüssiger gemacht und hat mir mehr Spielraum gegeben.

Was hat die Förderung speziell in den hochpandemischen Zeiten für Dich bedeutet? Finanziell und inhaltlich?

Die Förderung während der Pandemie hat mir zum ersten Mal die Möglichkeit gegeben, darüber nachzudenken, was ich für mich selbst entwickeln konnte und welche Themen ich im Bereich Lighting Design unabhängig von Projekten anderer Menschen erforschen könnte. Das heißt so viel, wie das Thema Licht im Theater selbst in die Hand zu nehmen. Finanziell konnte ich damit einige Monate meinen Lebensunterhaltung sichern, und es hat mir ermöglicht, andere Personen (Fotografen, Produktionsleitung, Graphikdesigner, Fotomodelle u. a.) aus dem Feld zum Projekt zu holen. Um letztendlich prekäre Arbeitsbedingungen zu vermeiden, bot mir die Förderung eine Struktur meiner Ideen und Unterstützung meiner Arbeit.

Stehen Antragsaufwand und Nutzen im richtigen Verhältnis?

Ja, der Bewerbungsprozess wurde erleichtert, und die benötigten Unterlagen wurden vom Team so einfach und gut erklärt, wie möglich.

War der Förderzeitraum ausreichend, um Dein Projekt abzuschließen bzw. zu wirklicher Vertiefung zu gelangen?

Eine Recherche wie diejenige, die ich mache, ist ein jahrelanger Prozess. Sie erfordert im täglichen Leben die Entwicklung und das Verständnis für den Umgang mit den Ergebnissen auf der Bühne. Die Zeit des Projekts hat ausgereicht, um einen Ausgangspunkt zu schaffen, von dem aus ich mich weiter strukturieren und das Projekt soweit entwickeln konnte, dass ich es nun mit anderen Leuten teilen kann.

Wie nachhaltig findest Du Dein Projekt? Kannst Du jetzt noch davon profitieren?

Ich habe bereits begonnen, von dem Projekt zu profitieren. Ich habe Einladungen von verschiedenen Leuten bekommen, die sich für dieselbe Thematik interessieren und Lichtdesigner*innen für Tanzstücke suchen. Außerdem wurde ich eingeladen, meine Recherche auf einer Konferenz für Lichtdesign im März 2022 zu präsentieren. Das Förderprogramm hat mir die Chance gegeben, eine Grundlage für die Recherche zu schaffen und meine Gedanken über eine Website zu teilen, die als Visitenkarte dient. Das Projekt ist auch deshalb nachhaltig, weil ich weiß, dass dies nur der Anfang einer Diskussion ist, die sich über viele Jahre hinweg in meinem Arbeitsumfeld auswirken wird.

Würdest Du anderen Künstler*innen oder Tanzschaffenden eine Bewerbung bei dieser Förderung empfehlen?

Ich würde es tun und habe es auch getan. Ich halte DIS-TANZ-SOLO für ein äußerst erfolgreiches Förderprogramm.

Was bedeutet der Begriff „Distanz“ – DIS-TANZ – für Dich?

Distanz bedeutet für mich ein Spiel mit dem Wort Distanz und Tanz. Es versucht gewissermaßen die Art und Weise, wie es geschrieben ist, die Distanz zwischen uns und dem Tanz auch besonders in der Zeit der Pandemie aufzulösen. Es stellt einen Versuch dar, die Entfernungen zwischen uns durch den Tanz zu verringern.

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