„Silver“, Demi_Carlin Aarts, Endre Schumicky

„Silver“, Demi_Carlin Aarts, Endre Schumicky

Gute Kooperation mit der Tanzszene

Pick bloggt über die Zusammenarbeit mit der Tanzsparte auf Augenhöhe

Nicht nur in Heidelberg sprechen Intendanten mit ihren Tanzdirektoren auf Augenhöhe und nicht nur dort kooperiert das Stadttheater mit der freien Tanzszene

Heidelberg, 03/02/2016

Vor ein paar Tagen las ich zur Heidelberger Tanzbiennale in der Oberzeile, dass es ein deutschlandweit einmaliger Zusammenschluss von Stadttheater (Intendant Holger Schulze und Tanzchefin Nanine Linning) und dem freien UnterwegsTheater (künstlerische Leiter Bernhard Fauser und Jai Gonzales) sei. Es entspricht zwar den Tatsachen, dass hier zwei Institutionen so gut wie eben möglich auf Augenhöhe zusammenarbeiten. Aber absolut ungewöhnlich sind solche Schulterschlüsse nicht, denn Tarek Assam, der Ballettdirektor des Gießener Stadttheaters und Vorstandsmitglied des Dachverbands Tanz Deutschland, organisiert ein entsprechendes Festival „TanzArt OstWest“ seit mindestens zehn Jahren – und erfunden hat er es schon in Halberstadt, wo er vorher Ballettchef war. Zumindest erhält Holger Schulze übermäßiges Lob für Arbeitsweisen, die ihn keineswegs alleine auszeichnen.

Ich glaube, es war in Berlin bei einem Symposium des Dachverbands Tanz Deutschland über die Situation des Tanzes in Deutschland, wo er auf der Bühne in seinem Statement zur Situation des Heidelberger Ensembles hervorhob: „Ich rede mit meiner Ballettdirektorin auf Augenhöhe.“ Was hatte er sich denn dabei gedacht? Denkt er die Kollegen von Nanine Linning müssten auf Knien beim Intendanten vorsprechen? Ich kann dazu nur sagen, dass Dr. Hellmuth Matiasek, seines Zeichens Intendant des Staatstheaters am Gärtnerplatz und Nachfolger von August Everding an der nach ihm benannten Akademie im Prinzregenten-Theater mit mir, seinem Ballettdirektor, nur auf Augenhöhe gesprochen hat! Wenn ich mich bei ihm im Vorzimmer meldete, musste ich nicht ins Wartezimmer, sondern er unterbrach, womit er gerade beschäftigt war.

Der Höhepunkt dieses Vertrauensverhältnisses war, dass er wie immer in seinen launigen und kabarettreifen Premierenansprachen sagte: „Jetzt bin ich aber froh, dass ich nun auch weiß, was wir diese Spielzeit für einen Ballettabend im Repertoire haben“, als ob nicht in der Pressekonferenz und beim Jour Fixe darüber gesprochen worden wäre. Aber das war ja nur einer seiner wohl gewählten Sprüche und immer hatte er die Lacher auf seiner Seite (und meine auch). Sollte er mich damit meiner Vorgängerin bei ihm in Wuppertal, mit Pina Bausch, verwechselt haben? Bei ihr allerdings wurde der Titel des Werks immer erst nach der Premiere entschieden.

Die Situation an den deutschen Theatern hat sich, was die Tanz- und Ballettensembles betrifft, zu ihren Gunsten entwickelt, vielleicht hat sogar jenes Symposium ein wenig dazu beigetragen. Ich bezweifele allerdings nach wie vor, dass unsere Stadtverordneten das mitgekriegt haben, denn die ersten die auf der Strecke bleiben, sind die Tänzer, wenn nicht genug Geld da ist. Aber auch hier gibt es rühmliche Ausnahmen: Wuppertal hat nicht sein Tanzensemble eingespart, sondern das Schauspiel abgebaut – einschließlich des stolzen Gebäudes, das seither vor sich hin dümpelt. Und auch das Staatstheater am Gärtnerplatz hat zwar ein kleineres aber feines Tanzensemble behalten, obwohl der Bayerische Rechnungshof zwei Jahre hintereinander angemahnt hatte, dieses Ensemble rechne sich nicht, es müsse geschlossen werden, was übrigens nicht einmal als Vorschlag seine Aufgabe ist, sondern die des Intendanten und Verwaltungsdirektors! Hier sei dem damaligen Intendanten Klaus Schulz für seinen Mut gedankt, der die Gelder anderswo eingespart hat und zu seinem Ballettdirektor und den Tänzern stand! Und auch die folgenden Intendanten haben bis heute auf Augenhöhe weitergemacht, es wurde nicht abgewickelt.

Ich sehe ja ein, dass Klappern zum Erfolg (bzw. Geschäft) gehört, aber doch alles in Maßen und nicht auf Kosten Anderer, und der Fall Gießen, wo mit kleinen Mitteln Großes geleistet wird, kann gar nicht laut genug gelobt werden. Da gibt es einen Ballettdirektor, der diese Organisationsarbeit allein leistet, sich allerdings der Unterstützung einer tanzfreudigen Intendantin Christine Miville erfreut und neuerdings hat auch das Land Hessen aus seinem Kulturetat etwas beigesteuert. Es ist nicht alles Forsythe, was glänzt und Frankfurt wie Köln bleiben wunde Stellen auf der Landkarte des Tanzes, die sich von dem einstigen Glanz nicht erholen wollen. Ähnliches trifft auch auf Bonn zu, in kleinerem Rahmen vielleicht als in Wuppertal. Aber der Rat der Stadt hat sich gegen den Tanz entschieden, einen neuen Intendanten engagiert, der ohne Tanz auskommen muss, ob er will oder nicht.

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