„L.O.V. E.“ – eine Lovestory?

Das neue Stück von Sabine Glenz versteht sich als Liebeserklärung an den Tanz

München, 15/01/2012

„L.O.V. E.“ – eine Lovestory? Nein, das neue Stück von Sabine Glenz - lange Jahre Tänzerin in der freien Münchner Szene (vornehmlich in der Kompanie von Micha Purucker) und seit 2004 als Choreografin unterwegs - versteht sich als Liebeserklärung an den Tanz. Und Tanz ist bei ihr eine extrem konzentrierte, extrem strenge Ausdrucksform: Ein nackter Raum. Sparsamstes Licht (HP Boden). Stille. Später Ahnungen von Geräuschen und Klängen (Robert Merdzo). Zwei Tänzerinnen. Und das Münchner Schwere Reiter ein Bewegungslabor.

Auf zwei flachen Podesten agieren Zufit Simon und Karen Piewig liegend, sitzend, in aufrechter Position. In gelassener Langsamkeit verschrauben sie die Beine, verschachteln sie sich mit allen Gliedmaßen zu Live-Skulpturen oder schwingen die Arme aus zu Flügeln, was sich auch kurz als stimmiges Schattenspiel spiegelt (hier erinnert Glenz an die frühe Meg Stuart und an die Kanadierin Lynda Gaudreau, bei der sie auch gearbeitet hat). Die später noch auf zwei Wände projizierten verschattet-verfremdeten Körperteil-Fotografien (Manuela Hartel) dagegen fügen dem Stück nichts Wesentliches hinzu.

Nach diesem Auftakt gehen die beiden mit Schritten und Hüpfen in den Raum – Arme und Beine dabei naiv-frei wegschleudernd. Und kehren schließlich wieder zu ihren Pritschen zurück, wo sie aus Anspannung-Entspannung heraus minimale Bewegungen ausführen.

Der Teil, in dem Zufit Simon noch einmal den Raum in großen Kreisen mit schleifenden Schritten ausschreitet, ist choreographisch schon sichtlich ermüdet und imgrunde die (völlig überflüssige) Anstrengung, auf Abendlänge zu kommen. Das tut dem ansonsten klar gegliederten und ernsthaft erarbeiteten Stück nur Abbruch.

Schön, wenn Simon und Piewig im Rhythmus ihrer sich verschiebenden Torsi und pointiert galoppierenden Schritte in einen Dialog treten. Diese motorische „Beziehung“, die ja für den Zuschauer das Spannende an diesem Stück ist, hätte ruhig pointierter, mit mehr Bewegungs-Einfällen herausmodelliert werden können.

Inspirationsquelle für Glenz seien die Österreicherin Rosalia Chladek (1905-1995; zu ihrer Zeit gefeierte Solistin, mit ihrem Chladek-System auch geschätzte Pädagogin) und die Deutsche Valeska Gert (1892-1978; auch Nicht-Insidern als Kabarettistin, Grotesk-Tänzerin und Schauspielerin ein Begriff). Beide Frauen waren vor allem aus Bauch und feinem Spüren schaffende Tanz-Pionierinnen. Hier sieht man eher eine Rückbesinnung auf die US-Postmoderne. In Opposition zur hochdramatischen Martha Graham verschrieb man sich in den 1970er Jahren einer nüchternen Körper-Raum-Erforschung, vorwiegend in nicht ablenkender abgetragener Alltags-/Trainingskleidung und möglichst ohne jeden Ausdruck.
 

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