An der Grenze von Kitsch, Klischee und Sentiment vorbeigeschrammt

Der Ballettfilm: „Maos letzter Tänzer“

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Stuttgart, 26/06/2011

Mit einiger Verspätung nun mein Tagebucheintrag zum Ballettfilm „Maos letzter Tänzer“, hier von Isabel Winklbauer anlässlich seines Deutschland-Starts rezensiert vom 16.10.2010 samt Links zu anderen Kritiken. Es handelt sich um die australische Verfilmung der Autobiografie Li Cunxin von dem Regisseur Bruce Beresford, mit Chi Cao, Principal Dancer des Royal Birmingham Ballet in der Rolle des ehemaligen chinesischen Solisten beim Houston Ballet und seiner märchenhaften Karriere von einem Dorfjungen aus der hintersten chinesischen Provinz zum Startänzer des amerikanischen Houston Ballet – mit zahlreichen Tanzsequenzen aus „Giselle“,„Schwanensee“, „Don Quixote“ und „Sacre du printemps“, arrangiert von Graeme Murphy, dem australischen Choreografen der Münchner Produktion „Die silberne Rose“.

Das ist nun der vierte Tanzfilm der Saison – nach dem französischen „La Danse“ von Frederick Wiseman, dem amerikanischen „Black Swan“ von Darren Aronofsky und Wim Wenders‘ deutschem „Pina“, und das finde ich doch eine bemerkenswerte Häufung, zumal da es sich um vier Filme grundverschiedener Machart handelt, die durchaus unterschiedliche Reaktionen hervorgerufen haben.

Von ihnen ist „Maos letzter Tänzer“ sicher der konventionellste, im Stil von Baryshnikovs „The Turning Point“, indem er als Ausgangspunkt den Konflikt zwischen ideologisch indoktrinierter kommunistischer tänzerischer Grundausbildung und freier westlicher Karriereplanung als Basis nimmt. Mit dem dramatischen Höhepunkt einer Direktkonfrontation der chinesischen Funktionäre und der amerikanischen Behörden im chinesischen Konsulat von Houston, wo sich Li Cunxin, der inzwischen eine amerikanische Kollegin geheiratet hat, erklärt, nicht nach China zurückkehren zu wollen. Der australische Film macht den persönlichen Konflikt des Tänzers zwischen seiner Verbundenheit mit der Familie (und auch seinem Vaterland) sehr viel deutlicher als der Baryshnikov-Film mit seiner eindeutig politisch motivierten Thematik. Will sagen, dass „Maos letzter Tänzer“, viel stärker emotionale Qualitäten ins Spiel bringt und zumindest mich sehr viel mehr berührt hat, wobei ich gern zugeben will, dass ich offenbar für solche sentimentalen Anwandlungen eher empfänglich bin.

Die tänzerischen Sequenzen sind durchweg brillant, wenn auch Fundamentalisten der Danse d´école die Zeitlupen-Verzögerungen bei Sprüngen beklagen mögen. Ich muss sagen, dass ich die 117 Minuten dieses Films bedeutend spannender fand als die drei anderen Filme (inklusive Wenders, auch wenn der künstlerisch sicher in einer anderen Preisklasse rangiert).

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