Ein Ballettabend, der (mir) Angst macht

„neither“: eine move-installation des rheinopern-balletts

oe
Düsseldorf, 06/05/2010

Warum ist es am Rhein so schön? Weil Martin Schläpfer dort Ballettchef ist! Düsseldorf also hoch vier! Eine andere deutsche Ballettkompanie, die in einer Spielzeit vier Premieren stemmt – und noch dazu so hochkarätige (und eine fünfte noch als Finale)? Und was sagen Berlin, Hamburg, Frankfurt, Stuttgart und München dazu – nicht zu reden von Leipzig und Dresden? Düsseldorf-Duisburg kann sich‘s leisten. Dank Martin Schläpfer, dem ersten post-Forsythe-Choreografen von Weltrenommee. Happy Düsseldorf-Duisburg! Über das vierte Programm der Saison hat Angela Reinhardt hier am 1. Mai alles, was darüber zu sagen ist, gesagt. Ich war in der zweiten Vorstellung – nicht ganz volles Haus. Doch beim problematischsten Stück, „neither“ von Morton Feldman, Martin Schläpfer, Rosalie und Volker Weinhart, hat nicht ein einziger türenknallend den Zuschauerraum verlassen (wie noch bei der szenischen Präsentation anno 1994 in Stuttgart).

Ich würde nicht behaupten, dass die Anwesenden alle hellauf begeistert gewesen wären von dem, was sich da eine knappe Stunde auf der Bühne vor ihnen tat (nach den eingangs gegebenen „Baker‘s Dozen“ von Twyla Tharp und der „Pavane auf den Tod einer Infantin“ von Kurt Jooss. Ich konnte mich des Eindrucks nicht erwehren, dass das Publikum, regelrecht eingeschüchtert durch den Medien-Hype des Schläpfer-Starts in Düsseldorf, eher pflichtschuldigst über sich ergehen ließ, was ihm hier an futuristischer Ballett-Exploration zugemutet wurde.

Denn um nichts weniger handelte es sich als um eine choreografische Expedition in eine kosmische Galaxie, die nicht länger von Menschen, geschweige denn von Tänzern bevölkert wird, sondern von Aliens, die atavistische Erinnerungen zitieren, als huldigten sie nostalgisch einem Déjà-vu! Ich kann nicht behaupten, dass mich diese Attacke der Aliens glücklich gemacht hätte. Sie hat mich allenfalls melancholisch gestimmt. Denn wenn diese Aliens die Dominanz über das, was wir bisher am Ballett geliebt haben, gewinnen, was bleibt dann noch von unseren vielgeliebten Taglioni, Coralli und Perrot, von Bournonville und Petipa, von Balanchine, Tudor, Robbins und Neumeier? Ein Ballettabend, der einem (mir) Angst macht!

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