Irinel Stegaru, Tanzfotografie im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe

„Motion-Emotion – Die Sprache des Körpers im Modern Dance“

Hamburg, 23/04/2005

Mit der Tanzfotografie üblicher Art hat Irinel Stegaru nichts am Hut. Ihr geht es nicht um den quasi dokumentarischen Moment, in dem der Kern einer Choreographie, die Darstellung einer Tänzerin, eines Tänzers typisch aufscheint. Nicht umsonst nennt sie deshalb ihre Ausstellung in einem Saal des Hamburger Museums für Kunst und Gewerbe „Motion-Emotion - Die Sprache des Körpers im Modern Dance“. Sie sucht sich also Augenblicke, in denen für sie Wesentliches hervortritt: eine Geste, eine Körperhaltung, das Aufeinandertreffen dynamischer Gegensätze, die Auflösung der Formen. Im Großformat 70 mal 100 Zentimeter gewinnen die 27 Schwarzweiss-Fotos mehr Plastizität, schärft sich der Ausdruck um die entscheidende Nuance mehr als in ihrem Buch „Motion-Emotion“ (Bildformat: maximal 23x28), das die Ausstellung begleitet.

„Ich brauche viel Raum um die Figuren, damit sie atmen können“, erklärt die zierliche Stegaru, 1964 in Bukarest geboren, heute in Mannheim lebend. So rückt sie die Tänzerin von Grahams „Lamentation“, deren Körper und erhobene Arme von einem schlauchartigen Kleid umhüllt sind, nicht in die Mitte des Querformats, sondern nahe an den rechten Rand, und lässt den Rest in warmer Schwärze „absaufen“. Dadurch bezieht sich die Pose nicht nur auf sich selbst, sondern tritt in eine spannungsvolle Korrespondenz mit dem Raum. Oder sie setzt elf Köpfe, die gespreizte Hand vor dem Gesicht, aus dem Ballett „Mediterranea“ (von Mauro Bigonzetti) in eine schräge Reihe: Über und unter dem schmalen Streifen herrscht Nachtschwärze. Oder sie stellt unten ins Hochformat einen Mann mit ausgestreckten Armen und geöffneten Händen, eine weiße Linie läuft in Hüfthöhe über seinen Körper, und taucht den Rest über ihm in lastendes Dunkel. Hier und da gelingen ihr, womöglich unabsichtlich, Bilder, die einen wesentlichen Teil der Choreographie herausschälen. Wie bei Pina Bauschs „Sacre du Printemps“, dessen archaische Wucht sie mit den Bildern je eines Frauen- und Männer-Blocks fühlbar vermittelt.

Viel Überredungsarbeit habe es oft gekostet, die Erlaubnis zu erhalten, bei Aufführungen, Premieren zu fotografieren, erzählt Irinel Stegaru, die unter anderem am New Yorker International Center of Photography (gegründet vom Cornel Capa, dem Bruder Robert Capas) studierte, dort mit dem Master of Arts abschloss. Mit den Choreographen habe sie oft zu kämpfen gehabt, sagt Stegaru, weil es diese irritiert habe, dass ihre Stücke nicht eins zu eins dokumentiert, sondern „nur“ als Steinbruch für ihre, Stegarus, Vorstellungen dienen sollten. Mehrere Monate dauerte es beispielsweise beim Ballett der Pariser Oper, bevor sie dort fotografieren konnte. Bei mehr als 70 Kompanien durfte sie schließlich „ran“. Durch den Wechsel habe sie eine größere Menge an unterschiedlichen Motiven gesammelt, meint Stegaru.

Gut 1000 hochempfindliche Filmen (3200 ASA) hat sie dabei verbraucht. „Ganz bewusst habe ich mit Schwarzweiss die Reduktion auf das Wesentliche gewählt“, erklärt sie die Frage, warum sie nicht in Farbe fotografiere, „Farbe würde ablenken.“ Die Ausstellung läuft bis zum 31. Juli. Wer sich über diese interessante Fotografin, die eigene Wege gefunden hat, informieren will, möge sich im Internet ihre Homepage unter www.irinelstegaru.de ansehen.

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