Slawische Tänze

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Ulm, 26/03/2004

Eine gut besuchte Freitag-Abo-Vorstellung des Programms, das am 26. Februar Premiere im Großen Haus hatte. Zwei Teile: von Bach die Soloviolinsonate Nr. 3 C-Dur (BWV 1005), links auf der Bühne gespielt von Gesa Harms, stellvertretende Konzertmeisterin des Philharmonischen Orchesters Ulm – nach der Pause dann eine Auswahl der „Slawischen Tänze“ von Antonin Dvorák aus Opus 46 und 72, mit dem Philharmonischen Orchester Ulm unter der Leitung von Martin Lukas Meister. Beteiligt sind alle fünf plus fünf Tänzerinnen und Tänzer des Ulmer Balletts, Choreografie: Andris Plucis. Gesamtdauer hundert Minuten.

Der Abend läuft unter dem Titel „Slawische Tänze“, der Untertitel lautet „Anglo-germanic influences in slavonic dancing“. Irgendwelche slawischen Einflüsse habe ich in den vier Sätzen der Bach-Sonate nicht entdecken können. Die entwickeln sich als Pas de deux (Elena Cester Lozano und der dominierende Holländer Sebastiaan Roose), Quartett mit Ensemble, einem weiteren Duo und dem Finale für alle zehn Tänzer und münden wieder ein in die Ausgangspose. Das ist weitgehend neoklassizistisch choreografiert, mit zwei der Tänzerinnen in Spitzenschuhen und jenen tellerartigen Tutus, die an Schlemmer erinnern. Hat ein paar anekdotische Tupfer, wenn beispielsweise ein Tänzer, ein bisschen gaga, das seriöse Paar zu stören versucht und der Ballerina immer voyeurhaft unters Tutu zu schauen versucht. Eine der Ballerinen gibt sich sogar Rosen-Adagio ambitioniert, mit kürzest absolvierten Handwechseln – sehr dürftig.

Da ist nichts unmusikalisch, aber ich hätte mir doch klarere Strukturen gewünscht. Die Herrenkostüme: farblich ziemlich scheußliche Ringelhemden. Auf der Bühne von Hartmut Holz zieht eine weiße fellartig überzogene quadratische Skulptur die Aufmerksamkeit auf sich, die nach hinten gebogen werden kann – eine Art Lustpfühl für einzelne Tänzer, die sich mit Schwung auf sie stürzen und dann nach hinten wegkippen. Na ja! Inspirierter erscheinen mir die „Slawischen Tänze“, von den Ulmern mit ansteckendem Elan getanzt als kleine und größere Ensembles – leicht folkloristisch timbriert, mit vielen Sprüngen, wobei die Unisono choreografierten Passagen besser koordiniert sein könnten. Die Musik von Dvorák ist ja ausgesprochen fußkitzelnd, und ich konnte kaum stillsitzen. Nein, keine dumpfe böhmische Bauern-Blut-und-Boden-Folklore, aber natürlich hat Plucis seine Inspirationen daher bezogen.

Ein Ballett, das auch in seinen Kostümfarben und in der wechselnden Beleuchtung durchaus eine gewisse Fröhlichkeit stimuliert. Wenn man an „Dances at a Gathering“ denkt, wünschte man sich mehr Wärme, jene leichten „human touches“, die die Poesie von Robbins‘ Chopin-Tänzen ausmachen. Auch hier wieder vom Bühnenbildner Hartmut Holz ein starker Skulpturen-Einfall, eine rhönradartige, wohl hölzerne Riesenspirale (sieht jedenfalls so aus), die von rechts nach links, von Tänzern in Bewegung gesetzt, über die Bühne und später wieder zurückrollt – wie so eine Art Trommel für Meerschweinchen. Die hätte meiner Meinung nach viel stärker (und auch amüsanter) in die Choreografie einbezogen werden können.
Es war schön, dieser Musik wieder einmal in einer getanzten Version zu begegnen. Solche Ballette gehörten ja früher einmal zum Standardrepertoire unserer Truppen. Aber das ist lange her. Eigentlich schade, da sie sowohl den Tänzern wie auch dem Publikum so sichtlich Freude bereiten!

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