Monteverdi und Gesualdo: „Lettera amorosa“

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Schwetzingen, 28/04/2004

Madrigale von Monteverdi als Minidramen szenisch realisiert, das hatten wir schon mehrfach: hinreißend das „Achte Madrigalbuch“, dirigiert von Nikolaus Harnoncourt und inszeniert von Jean-Pierre Ponnelle, 1979 in Zürich (mit dem die Zürcher ihren berühmten Monteverdi-Zyklus schlossen), in Heidelberg unter dem Titel „Amor vincit omnia“ sogar schon ein Jahr früher als Koproduktion von Oper und Schauspiel und am schönsten und anrührendsten 1999 in Basel von René Jacobs und Joachim Schlömer 1999 als „La guerra d‘amore“ – für mich die beste Schlömer-Produktion überhaupt.

Und jetzt also wieder zur Eröffnung der Schwetzinger Festspiele 2004 im dortigen Schlosstheater als „Lettera amorosa“, Musiktheater nach Madrigalen nicht nur von Monteverdi, sondern auch von Carlo Gesualdo, dirigiert von Thomas Hengelbrock, inszeniert von Matthias Schönfeldt in der Ausstattung von Birgit Angele, mit sechs Sängern (zwei Damen, vier Herren) und sechs Instrumentalisten vom Balthasar-Neumann-Ensemble. Es war die langweiligste, nichtssagende, völlig leerlaufende Monteverdi-Produktion, an die ich mich erinnern kann (seit den Monteverdi-Inszenierungen von Erich Walter und Heinrich Wendel in den sechziger Jahren in Wuppertal).

Das lag aber nicht an Monteverdi oder Gesualdo, auch nicht an Hengelbrock und seiner piekfeinen musikalischen Equipe, sondern an der aufgemotzt modern sein wollenden Produktion, mit viel Textprojektionen (aber leider keinen deutschen Übertiteln), reichlichem Video-Geflimmer, ständigem Herumgefuchtel mit Pistolen (ach hätten sie sich doch alle gleich am Anfang erschossen, dann wären uns diese anderthalb Stunden erspart geblieben), blutrünstigen Kannibalismen, ständigem Zigarettenanzünden, permanentem Partnertausch mit Küsschen hier, Küsschen dort, gelben Bademänteln, von denen sich die Darsteller umständlich befreiten, um sich anzukleiden und im Übrigen viel todtraurigem Herumgestehe, wunderschönem Gesinge und elektrisierend musizierten instrumentalen Zwischenspielen. Zu wenig, um diesen Transfer konzertanter Musik theatralisch zu legitimieren!

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