Bill T. Jones / Arnie Zane Dance Company, New York

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Wolfsburg, 14/05/2004

Das zweite Mal also das im Vorjahr so erfolgreich gestartete movimentos-Tanzfestival, gesponsert vom Volkswagenwerk. Sozusagen die künstlerische Sublimierung der Autophilosophie: Bewegung ist alles! Begonnen in diesem Jahr mit dem, wie man hört, fulminanten Gastspiel des brasilianischen Bale de Ciudade de Sao Paolo, das wir zuletzt bei uns in Baden-Baden hatten. Interessant wäre hierzulande sicher die Richard-Cragun-Kompanie aus der gleichen Stadt gewesen. Das Publikum soll richtig aus dem Häuschen geraten sein angesichts solchen Samba-Furors: ein toller Auftakt für das diesjährige Festival, dessen Kartenverkauf überaus vielversprechend angelaufen ist.

Große Publikumsbegeisterung auch für die zweiten Gäste, die Bill T. Jones/Arnie Zane Dance Company aus New York mit zwei Programmen an vier Tagen. Mein Enthusiasmus eher gedämpft – kein Wunder nach dem überwältigenden Eindruck zwei Abende zuvor in Wuppertal! Auf dem ersten Programm noch zwei Stücke des 1988 verstorbenen Arnie, die sein Freund und Lebenspartner Bill T. Jones bei der Wiederaufnahme ein bisschen aufgemöbelt hat. Zuerst „The Gift/No God Logic“ als Tänzerquartett zu zwei Hits aus Verdis „Forza del destino“, gefolgt von einem Satz ohne Musik, sozusagen als „Forza del silenzio“, der entschieden bessere Teil dieser eher langweiligen Partnerwechsel-Konstellation – ausgesprochen moderne Diät-Choreografie.

Auch das zweite Stück von Zane, „Continuous Replay“ lässt an seinem Musikgeschmack zweifeln, arrangiert ist es zu einem Mix aus „Sacre“-Fragmenten und Beethovens Siebenter und marschiert und stapft über die Bühne als eine Art Dresstease. Das heißt: die Tänzer sind anfangs nur von Luft bekleidet, also nackt, und legen erst peu à peu einzelne Kleidungsstücke an. Das „Continuous Replay“ bezieht sich auf ihre signalhaften Arm-Exercises. Ganz lustig immerhin das lustige, lautlose Gebimmel der unübersehbaren männlichen Accessoires.

Ausgesprochen missfallen hat mir die Uraufführung von Jones‘ der Stadt Wolfsburg gewidmetem „Blind Date 1“ (fünf weitere sollen folgen!) zu zwei zarten Klavierpiecen von Arvo Pärt – mit umfangreichen, ungeheuer prätentiösen Textpassagen zwischen Peter Wapnewski und Wittgenstein – die aber wenigstens auf Deutsch, von Jones selbst als mimendem Rezitator. Dabei wird viel sprachphilosophischer Humbug fabriziert, während sich die fünf Tänzerpaare aus symmetrisch-zeremoniellen Gegenüberstellungen allmählich zu Reihenformationen zusammenfinden und in ein babylonisches Sprachchaos explodieren. Tänzerisch wenig ergiebig – eine eher magersüchtige Choreografie aus Trocken-Käse.

Gottseidank gab es dann am Schluss noch hochtourigen Tanz: „D Man in the Waters“ von Jones zu Mendelssohns hinreißendem Streicheroktett. Die Bühne quasi als ein Aquarium mit den Tänzern als sich darin tummelnden Schwimmern und Fischen und besonders lustig die Bauchklatscher der Delphine. Wahrlich keine Offenbarung, dieser Sammelsurium-Import aus Amerika. Da steckt ein Vielfaches an maritimer Choreografie in Pina Bauschs Eingangssolo für die aparte Indonesierin in ihrem neuen Wuppertaler Stück!

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