„Eine Primaballerina und ich“

eine Arte-TV-Produktion

oe
Stuttgart, 29/12/2001

Zum Abschluss des Jahres noch ein wunderschöner Fernsehfilm ganz eigener Art: eine ebenso anrührende wie diskrete Liebeserklärung der Regisseurin Mathilde Mignon an ihre Freundin, Fanny Gaïda, Étoile des Pariser Opéra Balletts. Sie sind zusammen aufgewachsen und seit Kindheitstagen miteinander befreundet – und so gibt es immer wieder Rückblicke in ihre Jugend, viele Fotos, aber auch ein paar Amateurfilmaufnahmen, die in ihrer Zartheit einen ganz eigenen Reiz ausstrahlen.

Dann die langwierige Ausbildung als Tänzerin, der mühsame Aufstieg in der Hierarchie des Opéra Balletts mit der 1993 erfolgten Krönung ihrer Karriere als Étoile – bis zu ihrem erzwungenen Abschied 2001, als sie vierzig wurde (so will es das eiserne Gesetz in Paris). Sie tanzte die großen Ballerinenrollen, und der Film zeigt sie in zahlreichen Ausschnitten aus „Giselle“, bei der Probe und während der Vorstellung (mit Nicolas Le Riche als Partner), doch der ganz große internationale Ruhm einer Sylvie Guillem blieb ihr versagt.

Der deutsche Titel des Films ist eigentlich eine Irreführung: wie so viele Primaballerinen-Nominierungen, denn eine Primaballerina gibt es nicht in der Rangordnung der Pariser Opéra – ebenso wenig wie etwa in Stuttgart, wo weder Marcia Haydée noch Birgit Keil je offiziellen Primaballerinen-Status hatten (dessen Zuerkennung ist eine reine Kritikererfindung – genauso unsinnig wie die Ernennung eines gewissen Kritikers zum Kritikerpapst, auch wenn sie erst kürzlich wieder vom Fernsehen bestätigt worden ist).

Gaïda hat es weder zu einem eigenen Eintrag im Larousse noch im neuen Oxford Dictionary gebracht – sie war halt eine Étoile, nur eine Erste Solistin (wie ihre Principal-Dancer-Kolleginnen vom Royal Ballet, oder unsere Ersten Solisten in Stuttgart, Hamburg und München – die Königlichen Dänen sind da noch bescheidener: bei ihnen kann man es überhaupt nur bis zur Solistin bringen).

Es ist also ein Film geworden über die Karriere einer Tänzerin an der Pariser Opéra, so besonders ansprechend, weil er nicht eine Ballerinenkarriere in jenem Gold- und Glitzerambiente zeigt, wie sie sich die Phantasie des Publikums meist vorstellt, sondern den harten und immer wieder persönliche Opfer verlangenden Aufstieg an die Spitze mit seinem vorprogrammierten Verfallsdatum. Gesehen aus der teilnahms- und ausgesprochen liebevollen persönlichen Perspektive einer Freundin. Sollte unbedingt von einem unserer dritten TV-Programme zu weniger nachtschlafender Zeit übernommen werden!

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