„Cube“: von links Oleksandr Shyryayev, Igor Volkovskyy und Davit Jeyranyan

„Cube“: von links Oleksandr Shyryayev, Igor Volkovskyy und Davit Jeyranyan

Ptah II – Junge Choreografen in Essen

Weiße Wolken und Alice im Wunderland

Essen, 18/06/2011

Zwei Vorteile hat „Ptah II“, der zweite Abend Junger Choreografen in Essen, gegenüber „Ptah“ vor zwei Jahren. Diesmal werden die teilweise nur zehnminütigen choreografischen Versuche von Tänzern nicht von Stücken berühmter „Kollegen“ umrahmt, sondern das Programm gehört allein dem Nachwuchs. Außerdem erweist sich die Verlegung von der riesigen Bühne des Aalto-Theaters in die Intimität des Grillo-Theaters als Vorteil. Durchaus halten die sechs aufgeführten Stücke die Aufmerksamkeit des erfreulich jungen Publikums. Freudiges Wiedersehen gibt es mit den beiden akrobatischen Rennern des ersten Programms, Denis Untilas Kasinoszene „Game“ (u.a. mit Wirbelwind Wataru Shimizu) und Deniz Çakirs „Cube“, dem Versuch, dreier Männer (Davit Jeyranyan, Oleksandr Shyryrayev, Igor Volkovskyy), aus einem Würfel-Labyrinth zu flüchten. Ptah, der ägyptische Schöpfer-Gott, wird wieder als „Schirmherr“ bemüht. Gnädig hielt er seine Hand über den braven Pas de deux „Unspoken Movement“ der Belgierin Eva Dewaele, den Maria Lucia Segalin und Marat Ourtaev immerhin schön lyrisch tanzten. Mit einigem Raffinement ausgestattet präsentierten Jessica De Fantoi-Teoli und Oleksandr Shyryayev ihre eigene Komposition „The Looking Glass“.

Spannend wird es bei „Nuvole Bianche“ (Weiße Wolken) von Armen Hakobyan auf das minimalistische, romantische Klavierlied von Ludovico Einaudi. Hakobyans kurze psychologische Studie über Lebenssituationen, in denen Menschen aus einem schwarzen Loch die Tür zum Licht des Lebens suchen, hat wirklich Hand und Fuß. Licht, Bühnenbild (Svetlana Schenk), Musik, Libretto und Tanz sind aus einem Guss. Durch ein Auge (Gottes?) fällt inmitten weißer Wolken am blauen Himmel ein heller Strahl auf die Erde, wo drei melancholische Männer (Armen Hakobyan, Wataru Shimizu, Christopher Parker) im Nebel dicht beisammen hocken, während die Frau (Ana Sánchez Portales) zielstrebig durch die offene Tür schreitet. Zögernd folgt ihr einer – kehrt zurück. Immer drängender, wild tanzend wird die Verzweiflung – bis einer den Lichtstrahl von oben wahrnimmt, vorsichtig die Klinke einer Doppeltür drückt, die anderen zu sich winkt.

Eine halbe Stunde dauert das Finale, „Alice“ von Michelle Yamamoto und Denis Untila, die sich beide bereits choreografisch ausgewiesen haben und hier ihre Qualität untermauern. Die Textzeile „Hier sind alle verrückt“ aus Lewis Carrolls „Alice im Wunderland“ wird zum Motto der surrealistisch fantastischen Szenen mit Yulia Tsoi (Alice) und ihren glänzenden Partnern Igor Volkovsky (Raupe/Verehrer im Clownskostüm), Oleksandr Shyryayev (Hutmacher/der Typ), Breno Bittencourt (Königin/Chef) sowie dem Corps de ballet. Ein wichtiger, gelungener Abschluss der eher durchwachsenen Saison des Aalto-Ballett-Theaters.

www.theater-essen.de

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