Mit Charaktertänzen und Pirouetten zur Hochschulreife

Tanzabend am Gymnasium Essen-Werden

Essen, 14/06/2009

Tanz in der Schule – am Gymnasium Essen-Werden etwas anderes als an den immer mehr deutschen Schulen mit „Tanz-Arbeitsgemeinschaften“ oder „Projekten“ nach dem Vorbild von oder mit Royston Maldoom. Tanz können die Mädchen und Jungen an dem Gymnasium im uralten, malerischen Essener Stadtteil am Baldeneysee „von der Pieke auf“ lernen wie Mathe oder Chemie. Zehn Prozent der rund 1 300 Schülerinnen und Schüler wählen das Fach „Tanz“ als reguläres Schulfach. Zwölf können seit 2007 im Sport- und Tanz-Internat wohnen. Rund 20 belegen Tanz als Leistungskurs und tanzen durchs Abitur zur Hochschulreife. Anna Wehsarg (gerade wieder in Pina Bauschs neuem Stück zu bewundern), Patrick Marin (Tänzer und Choreograf am NDT), die freien Choreografen Antje Pfundtner und Felix Landerer gehören zu den erfolgreichsten Absolventen. Sechs Pädagogen unterrichten Klassisch-akademischen und Modernen Tanz, Folklore und Flamenco, Repertoire und Spitze, Improvisation und Komposition. Einmal im Jahr, im Juni, stellen die sechs Tanz-Pädagogen ihre 11- bis 19-jährigen Eleven an einem öffentlichen Tanzabend vor. „Regie“ führt Abteilungsleiter Heinz Loigge, einst Tänzer u.a. bei Birgit Scherzer in Saarbrücken. „Den Bogen von der Klassik zur Moderne zu spannen ist unser Anliegen“, sagt er. Das ist diesmal wieder vorzüglich gelungen. Im dreimal ausverkauften Saal der Neuen Aula des offiziellen Partners Folkwang-Hochschule begeisterte der hoffnungsvolle deutsche Tanznachwuchs mit einem zweistündigen, ebenso abwechslungsreichen wie anspruchsvollen Programm. Disziplin, Konzentration und Präzision waren evident, erfreulich aber auch die Natürlichkeit, Ausstrahlung und offensichtliche Freude und Frische der Gruppen und Solisten.

Zum Auftakt tanzte die 14-jährige Vivian de Britto Schiller eine spanische Variation, mit der sie kürzlich beim Internationalen Tanzwettbewerb in Belgien einen zweiten Platz belegt hatte. Einen Pas de deux nach Marius Petipa arrangierte Patricia Kapp sehr raffiniert für fünf Ballerinen und drei Ballerinos der Stufen 11 und 12 (natürlich sind auch hier am Gymnasium Jungen ebenso „Mangelware“ wie in jedem Ballettstudio und an jeder Akademie!). Mit Witz und Verve präsentierten etwas Jüngere, ebenfalls in der Einstudierung von Patricia Kapp und am Klavier begleitet von Michael Kim, Maurice Béjarts kleine Mozart-„Etüde“ „Ah! Vous dirais-je Maman“. In einer vierteiligen „Charakter-Suite“ mit Tarantella, holländischem, ukrainischen und irischen Tanz, einstudiert und teilweise auch choreografiert von Ludmilla Snejina-König, vereinten sich fast alle Jahrgangsstufen, kostümiert (wie auch für die meisten anderen Auftritte) von Ina Pißarreck. Birgit Helbigs „Off-Balance“ für Anfängerinnen und gespielt (aber auch tatsächlich) souveräne fortgeschrittene Ballerinen rief Entzücken hervor. Mit Ausschnitten aus Henrietta Horns „Itambé“ glänzten sieben weibliche und ein männlicher Leistungskurs-Teilnehmer. Felix Landerer, als Gastchoreograf engagiert, entfesselte in seinen furiosen „Furry Heads“ auf eine fetzige Toncollage von Amon Tobin und David Byrne die ganze Tanzleidenschaft der Jugendlichen der Stufen 11-13. Nur eine Handvoll all dieser begeisterten Nachwuchstänzer wird eine wirkliche Karriere schaffen – aber, so Schulleiterin Felicitas Schönau, „alle lernen sie in diesen Jahren etwas Wunderbares für ihr ganzes Leben.“

www.gymnasium-essen-werden.de

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