Aterballetto mit drei Bigonzetti-Choreografien

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Ludwigsburg, 25/11/2001

Auf seiner jüngsten großen Tournee mit Mauro Bigonzettis „Sommernachtstraum“ war das in Reggio Emilia ansässige Aterballetto wieder im Ludwigsburger Forumtheater zu Gast. Hier mit einem etwas älteren Programm, bestehend aus den drei Bigonzetti-Balletten „Constructions“ (Musik: John Cage, 1998), „Songs“ (Henry Purcell, 1997) und „Furia Corporis“ (Ludwig van Beethoven plus elektronische Musikcollage von Robert Monari, 1998).

Es erwies sich dabei erneut als eine der attraktivsten modernen Ballettkompanien des Kontinents, mit vorzüglich geschulten Tänzern und einem (wie man dem Programmheft entnehmen konnte) reich bestückten Repertoire, als dessen Basis die Ballette Bigonzettis fungieren. Der hat sich, wie man in Ludwigsburg sehen konnte, inzwischen zu einem ungemein vielseitigen Profi entwickelt, dessen Choreografien, eindeutig klassisch-akademisch grundiert, grenzüberschreitend alle möglichen Techniken und Formen des Modern Dance aufgenommen haben. Er versteht es, jedem seiner Ballette eine eigene Identität zu geben – und er beweist dabei ein ausgeprägtes Formbewusstsein. Das macht ein mehrteiliges reines Bigonzetti-Programm so abwechslungsreich.

Ob er in „Constructions“ die Mechanismen des klassischen Balletts ironisiert und durch einen aufrührerischen Elementartänzer (mit impetuoser Bravour: Cyril Griset) sprengt, ob er in den „Songs“ (wie gleichnamig bei Christian Spuck zu Purcell-Liedern) einen hochsensiblen, formal blendend ausgewogenen Pas de trois für die seismografisch aufeinander reagierenden Macha Daudel, Adrien Boisonnet und Thibaut Cherradil choreografiert oder in der rasanten „Furia Corporis“ mit ausgesprochen skurrilen Kostümeffekten (Silvia Califano) arbeitet (wobei ich liebend gern auf die elektronischen Zusatzeffekte verzichtet hätte – nachgerade beginne ich mich zu fragen, was für eine Art von Musikverständnis so viele der heutigen Choreografen haben – was würden sie wohl dazu sagen, wenn man so mit ihren Choreografien umspränge, wie sie das mit der Musik von Bach, Beethoven oder sonstigen Klassikern tun – van Manen, Spoerli, Neumeier und Scholz ausdrücklich ausgenommen): Jedes seiner Ballette erzählt eine andere handlungslose Geschichte. Und ermuntert so die Phantasie des Zuschauers, sich seinen eigenen Reim darauf zu machen. Das Publikum schien nicht genug davon bekommen zu können. Wiederkommen, und zwar möglichst bald!

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