„Dornröschen“ von Marcia Haydée. Tanz: Rocio Aleman, Martí Fernández Paixà

„Dornröschen“ von Marcia Haydée. Tanz: Rocio Aleman, Martí Fernández Paixà

Farbenprächtig und fein ziseliert

Rollendebuts bei Marcia Haydées „Dornröschen“ beim Stuttgarter Ballett

Es ist eine der schönsten Versionen des Ballett-Klassikers – jetzt bekam mit Rocio Aleman, Martí Fernández Paixà und Alexander McGowan die zweite Garde ihre Chance für die wichtigsten Bravour-Rollen der Ballettgeschichte.

Stuttgart, 26/01/2020

Als 1987 Marcia Haydée ihre eigene Version von Tschaikowsky Ballett-Klassiker auf die Bühne brachte, kannten die Ahs und Ohs und Bravos kein Ende – aus zwei Gründen: Jürgen Rose, der absolute Großmeister aller Bühnen- und Kostümbildner, hatte wieder einmal ganze Arbeit geleistet und den Stuttgartern eine Ausstattung beschert, wie es weltweit in dieser Üppigkeit, Detailversessenheit und Farbenpracht keine zweite gibt. Grund Nummer zwei war, dass Marcia Haydée die böse Fee auf ihre Weise zeitlos gültig interpretierte – als androgyne Gestalt, die etwas Dämonisch-Zwingendes hat, das Böse schlechthin, das nie vergeht, aber doch zumindest für eine Zeitlang besiegt werden kann. Sie widmete diesen Part Richard Cragun, ihrem langjährigen Partner auf der Bühne und im Leben, der mit seiner legendären Sprungkraft und Bühnenpräsenz dieser Carabosse seinen ganz eigenen Stempel aufdrückte. Alle, die nach ihm kamen, mussten sich mit ihm messen, und kaum einer kam je an ihn heran.

Dass es ausgerechnet die zweite Garde war und noch dazu allesamt Eigengewächse aus der John Cranko Ballettschule, die bei ihren Rollendebuts eine Ahnung von dieser Magie wieder auf die Bühne brachte (für die Ersten Solist*innen ist das ohnehin schon selbstverständlich), spricht für das hohe Niveau, auf dem die gesamte Stuttgarter Kompanie tanzt (auch wenn hie und da bei den Ensembles noch einige Unebenheiten ins Auge fielen). Marcia Haydée selbst war wochenlang an ihrer alten Wirkungsstätte, um die Solistinnen und Solisten zu coachen – der Effekt war spür- und sichtbar.

Rocio Aleman zeigte eine äußerst anmutige Prinzessin Aurora, die ihren Part mit großer Delikatesse auf die Bühne ziselierte und auch beim gefürchteten Rosen-Adagio über die nötige Balance verfügte. Martí Fernández Paixà, der eine rasante Karriere hinlegte (2014 Eleve, 2016 Halbsolist, 2017 Solist), entwickelte als Prinz Desiré außergewöhnliche Strahlkraft und Bühnenpräsenz. Der Gruppentänzer Noan Alves war der Rolle des Prinzen des Südens absolut gewachsen, und auch bei den kleineren Partien im Märchen-Teil des 3. Aktes klappte für die Neulinge alles wie am Schnürchen: bei Alexander Smith als Hänsel ebenso wie bei Henrik Erikson als Aladin und Triston Simpson als Mandarin.

Ganz besonders ins Auge fiel jedoch die Carabosse des noch blutjungen, hochbegabten Alexander McGowan. Er entwickelte schon beim ersten Mal genau den Furor, den diese Rolle braucht, um ihre Magie auf der Bühne zu entwickeln. Wenn er jetzt noch mit der Zeit etwas mehr Erfahrung damit bekommt, kann daraus etwas ganz Großes werden. Augenfällig auch der Prinz des Ostens von Adrian Oldenburger, dessen Sprungkraft deutlich hervorstach. Oder auch der blaue Vogel des Gruppentänzers Christian Pforr, der mit Elisa Badenes als seine Prinzessin eine der glanzvollsten Ersten Solistinnen des Hauses an seiner Seite hatte. Als Ali Baba konnte Ciro Ernesto Mansilla zeigen, was er drauf hat – hohe Sprünge und eine selbstbewusste Präsenz.

Kurzum: Dieses „Dornröschen“ ist in jeder Besetzung sehenswert!
 

Kommentare

Noch keine Beiträge