Die fetten Jahre sind vorbei

Zwischenbilanz von Dance 2010

München, 30/10/2010

Die fetten Jahre sind vorbei. Münchens Dance 2010 (bis 6.11.) ist ein anderes als Dance 2008, als sich noch Staatsballett, Gärtnerplatztheater und Theater der Jugend mit Co-Produktionen und spektakulären Gast-Kompanien beteiligten. Wie jetzt zur Halbzeit festgestellt, hat Kuratorin Bettina Wagner-Bergelt mit dem knappen städtischen Budget von 240 000 Euro plus Mieten dennoch ein ansehnliches Programm zusammengestellt.

Merkwürdigkeiten müssen da wohl auch ihren Platz haben: Des Slowenen Janez Jansas „Rekonstruktion“ der Kult-Inszenierung „Monument G“ von 1972 seines Landsmannes Dusan Jovanovic sagt uns, in dieser knochentrockenen Digest-Form zumindest, so gut wie nichts über Jovanovics einstige Avantgarde-Wirkung. Knackvoll die Muffathalle bei dem ehemaligen Bausch-Dramaturgen Raimund Hoghe, der mit der beharrlichen Ausstellung seiner Rückgrat-Verkrümmung den versehrten Körper in die Choreographie einbrachte. Zu jazzigen und asiatisch exotischen Bearbeitungen von Ravels „Bolero“ bewegen sich hier vier kraftvolle junge Männer, eine Frau auf hohen Stöckeln und Hoghe selbst in extremer Langsamkeit und mit trancehaft zelebrierten Arm- und Handgesten über die Bühne. Ein hochästhetisches Ritual, mit dem man in die Tiefenschichten von Zeit hinein gezogen wird.

Eine Entdeckung ist die von Reisen durch Südkorea und Japan inspirierte intelligent-sensible Arbeit von Malgven Gerbes und David Brandstätter: Mit einem riesigen Straßenbesen erkehrt Brandstätter aus einem Häufchen Reiskörner in großer Schreit-Gelassenheit nach und nach Gebäude-Grundrisse. Und in den entstehenden imaginären Räumen tanzt die Bretonin Gerbes ihre ruhig-schönen Bewegungen, gibt uns in Gesten und Worten eine Ahnung vom „Ton einer fallenden Schneeflocke“ – vom Wahrnehmen des kaum noch Wahrnehmbaren. Architektur, Tanz, Stadt- und Naturlandschaften auf großer Leinwand, Klänge und Geräusche fügen sich zu einem poetischen Grenzgang hinüber zur fremden asiatischen Kultur. Danach „Cool-Down“ in den von Dennemann/Ertan/Konjetzky mit Video & Performancetanz bespielten Gasteig-Räumen.

heute: Rachid Ouramdane, Carl-Orff-Saal, 20 Uhr. Karten 0180-54 818181

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