Tanzkompanie Rubato im Rotebühl-Treffpunkt

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Stuttgart, 13/02/2002

Sie nennen sich Tanzkompanie Rubato, treten in wechselnden Besetzungen auf – im Stuttgarter Rotebühl-Treffpunkt lediglich zu zweit: Dieter Baumann und Jutta Hell aus Berlin – mit ihrem Stück „This is not a lovesong“, das Ende 1998 in Berlin Premiere hatte. Mitbeteiligt an der Produktion sind Wolfgang Bley-Borkowski als Arrangeur des Klangenvironments, das Beethovens Große Fuge (dem Tanzpublikum primär durch Hans van Manens Ballett bekannt) mit allerlei Elektronik collagiert und bis an die Schmerzgrenze aufbläht – eine ziemliche Tortur für diejenigen, die die Musik ebenso lieben wie den Tanz – und Andreas Greiner, der für das Licht zuständig ist und zusammen mit den beiden Tänzer-Choreografen auch für den leer belassenen Raum, der nur in einem Teil mit einem Kleiderständer und einem Sessel bestückt ist (für den Kostümwechsel). Eine Kompanie und ein Stück also für zwei, die sichtlich nicht aus der Schule von Gerhard Bohner kommen, aber ganz seinem Geist und seiner Ästhetik verpflichtet sind.

Ihr Stück ist eine Versuchsanordnung der Beziehungen zwischen zwei Menschen verschiedenen Geschlechts und dem sie umgebenden Raum. Es beginnt quasi mit einer Ausmessung des Raums, den er barfuß, mit Hose und Hemd, sie in rostroter Tunika mit entsprechender Mütze und Sockenschuhen, abstecken – sie mit lauter nervösen kleinen Trippelschritten, er im Relief mit großen, signalartig ausgreifenden Bewegungen. Viel synchrone, beziehungsweise gespiegelte Bewegungsarrangements – lange ohne jeglichen Blickkontakt. Hier ist die Anknüpfung an Bohner besonders deutlich.

Im Folgenden umkreisen sich die Körper vorsichtig und es kommt zu ersten scheuen Berührungen, die dann intensiver werden und zu engen Körperverknüpfungen und -verknotungen führen – mit wunderbar stillen Momenten, in denen sie sich zärtlich über das Gesicht streichen – auch mit einer Umkehrung der Geschlechterrollen (sie trägt ihn etc.), gesteigert zu heftigem Aufeinanderprallen. Es ist ein einstündiges Spiel von Anziehung und Abstoßung, immer exakt durchkonstruiert in der plastischen Ergänzung ihrer Körper und ihrer Motionen – Plastiken zu zweit, die aber nichts Statisches an sich haben, sondern von einem Energiestrom auf hohem Pegel durchpulst werden. Das Besondere daran ist, wie hier abstrahierte Form und komprimierte Emotion miteinander verschmelzen – also eine Art abstrakter Expressionismus.

Durchweg spannend zu beobachten und nie langweilig, da immer auf Kontrastwirkungen – auch in der Abwechslung der einzelnen Solopassagen – bedacht. Mit dem Klangenvironment konnte ich mich allerdings ganz und gar nicht befreunden.

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