Deutscher Tanzpreis 2003 an Gregor Seyffert

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Stuttgart, 05/12/2002

Heute ist bekannt geworden, dass Gregor Seyffert den nächsten Deutschen Tanzpreis erhält. Keine Frage, dass der Fünfunddreißigjährige, lange Jahre profiliertester Solist der Kompanie an der Komischen Oper Berlin und inzwischen Leiter der Staatlichen Ballettschule Berlin, den Preis verdient hat – das hat er noch mit jedem seiner Auftritte bewiesen, und deswegen sei ihm schon hier vor der öffentlichen Festveranstaltung im Essener Aalto-Theater am 22. März nächsten Jahres aufrichtig und herzlich gratuliert.

Die Begründung als „Deutschlands beste Tanzpersönlichkeit“ allerdings macht stutzig – und es steht zu hoffen, dass sie nicht in der Urkunde übernommen wird. Solche absoluten Superlative sind immer gefährlich, denn wer oder was ist das Beste? Das beste Ballett aller Zeiten – „Schwanensee“? Für mich ganz sicher nicht! Der beste Tänzer der Ballettgeschichte – Nijinsky? Auch da hätte ich meine Zweifel, wenn ich auch keinen anderen zu nennen wüsste, aber schließlich habe ich Vestris nicht gesehen (und Nijinsky ja auch nicht).

Die beste Tanzpersönlichkeit „gegenwärtig“ – das klingt schon ein wenig einschränkend. Aber ist es um die heutige internationale Tanzszene so dürftig bestellt, dass Gregor Seyffert Anspruch auf den Alleinvertretungsanspruch hätte? Eine der interessantesten und auch markantesten Persönlichkeiten gewiss! Und ich würde sogar so weit gehen, ihn als persönlichkeitsstärksten deutschen Tänzer seit Harald Kreutzberg zu bezeichnen, und der ist demnächst ja auch schon wieder 35 Jahre tot. Etwas tiefer gehängt, würde die Auszeichnung die Verdienste Gregor Seyfferts indessen gewiss nicht schmälern. In diesem Sinne sollten die Verantwortlichen ihre Begründung vielleicht doch noch einmal diskutieren, ehe sie sie ihm im kommenden Frühjahr mit Brief und Siegel bestätigen.

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