Die Maximum Dance Company aus Miami

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Sindelfingen, 30/09/2001

Keinerlei Jetlag bei den Tänzern der Maximum Dance Company, die aus dem fernen Miami für eine Stippvisite in die Stadthalle Sindelfingen geflogen war und am Schluss ihres dreiteiligen Ballettnachmittags vom Publikum überaus herzlich gefeiert wurde. Von Florida träumen wir ja so ähnlich wie die Leute drüben von unserem Heidelberg – und man kann sich vorstellen, dass The Heidelberg Ballet auf der anderen Seite des Atlantik mit ebenso offenen Armen empfangen würde wie die Amis aus Dade County in Mercedes Town – zumal bei unserer heutzutage so ostentativ bekundeten Solidarität. Sie sind ja auch noch so jung – ganze fünf Jahre alt.

Immerhin war einer ihrer beiden Leiter, Yanis Pikieris, einmal einer der Topsolisten des Münchner Staatsopernballetts, und wir erinnern uns gern, wie er als ein Wirbelwind über die Bühne des Nationaltheaters fegte. Zusammen mit seinem australischen Kompagnon David Palmer, beide choreografieren und tanzen selbst mit, präsentierten sie bei ihrem Europa-Debüt ihre Elf-Tänzer-Kompanie, die in ihren Maximum-Titelanspruch erst noch hineinwachsen muss, und die durch Jugendlichkeit und Optimismus kompensiert, was ihr derzeit noch an Schliff und tänzerischer Bravour fehlt – nicht zu reden von einer choreografischen Identität.

Ihre beiden Rahmenballette waren jedenfalls von einer kaum zu überbietenden Harmlosigkeit. Zu Beginn also „Below the Rim“ von KT Nelson, einer Dame aus San Francisco, zu Musik von Philip Glass für drei Tänzerpaare, die sich zu einem Farbenakkord aus rot, grün und gelb ergänzten, in dem allein das gelbe Paar, Hiroko Sakakihara und Cristian Laverde König durch ihre fein durchmodellierten Duokompositionen Aufmerksamkeit auf sich zogen.

Und zum Schluss dann „Adiemus“ von Palmer-Pikieris zur Musik eines gewissen Karl Jenkins, dessen Titel weit geheimnisvoller anmutete als die gefälligen neoklassischen Schrittarrangements nach dem Schnittmusterbogen einer Trainingsstunde im Ballettsaal. Wenn dies wirklich der „spannungsgeladene und dynamische American Style des zeitgenössischen Tanzes“ sein sollte, dann muten die Darbietungen in unseren choreografischen Noverre-Matineen hierzulande geradezu futuristisch an.

Neben diesen Petitessen nahm sich das Ballett „Sky´s the Limit“ von Jean Christophe Blavier wie ein choreografisches Schwergewicht aus, das zwar auch nicht gerade den Himmel stürmte, doch in seiner klaren Dramaturgie und der Gegenüberstellung kontrastierender Mittel sowohl musikalisch (elektronische Geräusche aus dem Studio von Roderik Vanderstraaten mit den balsamischen Klängen – in allerdings maßlos übersteuertem Volumen – Franz Schuberts) als auch tänzerisch (hochexpressive Motionen der im Mittelpunkt stehenden Frau gegen die tändelnden Spiele zweier Paare) überzeugte. Es war zudem das einzige Ballett des Programms, das auch bühnenbildlich (Chiara Tanesini, die für die raffiniert geschnittenen und farblich exzellent aufeinander abgestimmten Kostüme verantwortlich war) die Raummöglichkeiten der Bühne nutzte.

Blavier kamen dabei zweifellos seine Erfahrungen zugute, die er in seinen Arbeiten mit den Tänzern des Stuttgarter Balletts gemacht hat. Und so sahen wir denn in der Frau, die lange vergeblich gegen ihre Einsamkeit ankämpft und so verzweifelt den Anschluss an die Gemeinschaft der anderen sucht, den Schatten einer großen dramatischen Ballerina unserer hiesigen Kompanie: ein Maßstab, dem Andrea Dawn Shelly mit vitaler Energie gerecht zu werden versuchte. Und ein willkommener Beweis, dass der so lange als Einbahnstraße zwischen Amerika und Europa betriebene choreografische Austausch inzwischen auch auf der Gegenspur funktioniert.

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