„La Fille Mal Gardée“ von Frederick Ashton

Bunter Hühnertanz am Fuß des Kolosseums

Frederick Ashtons „La Fille Mal Gardée“ in der römischen Oper

Die Römer Kompanie zeigte sich in der Komödie um Lise und Colas in guter Form, obwohl es ihr immer noch an erstklassigen Solisten mangelt.

Rom, 14/05/2023

Frederick Ashtons „La Fille Mal Gardée“ ist eines der wenigen komischen Ballette, das seit seiner Londoner Uraufführung im Jahr 1960 Bühnen auf der ganzen Welt erobert hat und sich beständig im Repertoire zahlreicher Kompanien hält. Bereits in seiner ursprünglichen Form erfreute sich das Ballett um die schöne Bauerntochter Lise, die ihrer ehrgeizigen Mutter zum Trotz den mittellosen Colas anstatt Alain, den tölpelhaften Erben eines Weingutes, heiratet, großer Beliebtheit. Jean Daubervals „Ballet de la paille ou Il n’est qu’un pas du mal au bien“, das im Juli 1789 in Bordeaux uraufgeführt wurde, verbreitete sich in Neufassungen zahlreicher Choreografen in der ganzen Ballettwelt. An der Römer Oper war das Werk erstmals 1881 in einer Fassung von Jean-Pierre Aumer und Paul Taglioni zu sehen, mit Virginia Zucchi in der Hauptrolle, gefolgt von einer Vorstellung mit Anna Pavlova im Jahr 1928, in der Fassung von Marius Petipa und Lev Ivanov, und schließlich, im Jahr 1997, in Ashtons Fassung zu Musik von Ferdinand Hérold (arrangiert von John Lanchbery).

Ashton gelang es meisterhaft, einige überlieferte Elemente – beispielsweise das Symbol des Bandes, welches das Ballett durchzieht und für die Verbindung zwischen Lise und Colas steht, sowie die Pantomime, in der sich Lise ihr künftiges Eheleben ausmalt – in eine inspirierte Choreografie einzubinden, die seinen persönlichen Stempel trägt. Zu den Markenzeichen des Choreografen zählt vor allem der leichte Humor, durch den er seine Figuren liebevoll zeichnet: Lises Mutter Simone, deren Rolle von einem Mann getanzt wird (Andrea Forza), bewirft Lises Geliebten mit Kohlköpfen und schwingt im Holzschuhtanz resolut das Tanzbein, lässt sich aber schließlich doch von der Liebe zwischen Lise und Colas erweichen. Alain, dessen schwierige Rolle Giovanni Castelli überzeugend und stellenweise bewegend interpretierte, versucht vergebens, die jungen Mädchen um ihn herum zu beeindrucken, beispielsweise durch ohrenzerreißendes Flötenspiel, doch gilt seine wahre Liebe offensichtlich seinem roten Regenschirm. Zu den weiteren Protagonisten zählen ein farbenfroher, wichtigtuerischer Hahn und mehrere Hennen, die zu Beginn des Balletts ein Tänzchen aufführen und sich immer wieder frech unter das Bauernvolk mischen.

In den Hauptrollen schließlich waren die römischen Étoiles Rebecca Bianchi und Alessio Rezza zu sehen (zwei von nur drei Tänzern, die sich in Rom mit diesem Titel schmücken dürfen). Sie bildeten ein frisches und glaubwürdiges Paar, und vor allem Bianchi zeigte sich den technischen und schauspielerischen Anforderungen des Stückes gewachsen. Rezza hatte noch gewisse Schwierigkeiten mit den Hebungen, glänzte aber vor allem in seinem kurzen Solo mit zwei Weinflaschen und in der Coda des Hochzeits-Pas de deux.

Englischer Humor prägt auch die absichtlich aufdringlich bunten Kostüme sowie das Bühnenbild von Osbert Lancaster, der beispielsweise das Haus der Witwe Simone mit Portraits eines Hammels und eines Fisches ausstaffierte. Man fragt sich allerdings, wie es geschah, dass auch die Beleuchtung so farbenfroh und flatterhaft ausfiel (beispielsweise ändert sich in Lises Ehepantomime mehrmals das Licht, ohne dass man wüsste, warum), dass das Ganze sich stellenweise in einen Cartoon zu verwandeln drohte.

Die Vorstellung zeigte, dass sich die Kompanie unter Eleonora Abbagnato, seit 2015 Direktorin der Kompanie, positiv entwickelt hat, obgleich es immer noch an erstklassigen Solisten mangelt und das Ensemble relativ wenige Vorstellungen gibt. So muss das römische Publikum, das seine Tänzer mit starkem Applaus belohnte, nun bis zur Sommersaison in den Caracalla-Thermen warten, in der unter anderem mehrere Ballettgalas und ein Gershwin-Abend zu sehen sein werden.

 

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