Es ist was ich bin

Yvonne Pouget stellt ihr Buch „Licht und Abyss“ vor

München, 25/04/2012

Wohl jeder kennt diesen Sog aus himmelhoch-jauchzend und zu-Tode-betrübt-sein, aus Licht und Dunkel. Umspannt scheint Vergangenheit und die ganz eigene Geschichte damit. Ein Sog, der hemmt und antreibt, der uns manchmal fremd auf der Welt fühlen lässt, blockiert und doch zu einem gehört. Yvonne Pouget hat nun ein Buch über diese widersprüchlichen Gefühle geschrieben, die einmal durchlebt im Körper abgespeichert werden. Sie nimmt uns mit auf eine Entdeckungsreise in ihre so menschliche, ambivalente Welt von Körper und Seele.

Leidenschaftlich geschrieben stellt sie ihren Kunstansatz vor, geht besonders auf ihre Werke „Hoch oben weites Blau“ und „Identità“ ein und will nicht zuletzt vor allem den Menschen, der hinter der Performerin und Künstlerin Yvonne Pouget steht, zeigen. Ein Seelen-Striptease des Alltäglichen, der tief blicken lässt. „Licht und Abyss“ ist ein Sammelsurium aus verschiedensten Texten und Themen, die das Ich der Choreografin umkreisen. Unklar bleibt, ob diese Fragmente vor zehn Jahren oder einem Monat entstanden sind. Manchmal flüchtig hin gekritzelt, dann in poetischen Worten schwelgend und alles aus einer sehr persönlichen, ehrlichen Sicht. Im vielen emotionalen Durcheinander lassen sich zwischendurch auch Notizen über die Tanztendenz München als „Heimat der Choreografin“ finden, die durch freies Produzieren bedingte Geldsorgen sowie ein Brief an den Kulturreferenten Küppers.

Ein Tagebuch angefüllt mit Kindheitserinnerungen, youtube-Links, Kollegenkommentaren, Kritiken, Lobeshymnen und ihrem ganz eigenen Trauma: Denn sie erzählt überraschend offen über ihren ersten „Tod“ am 17. August 1986 – so bezeichnet sie das schockierende Erlebnis ihrer Vergewaltigung an einem Sommertag in Südfrankreich. Völlig unerwartet trifft dies den Leser, der sich zunächst noch fragt, ob dies wohl eine reale oder fiktive Geschichte sei. Doch schnell wird klar, dass diese Vergewaltigung tatsächlich passierte und fortan von ihrem Leben, das sie eben weiterleben musste, Besitz ergriff und ihre Gefühlszustände unausweichlich prägte. Ein Erlebnis, das alles veränderte. Sie dazu bewog, sich mit dem Tod zu vermählen und sie in den Abgrund blicken ließ. Angetrieben von einer unbändigen Lebenslust, zugleich ernüchtert durch Schicksalsschläge und geplatzte Träume, erzählt und erzählt sie. Denn eine Grenze zwischen Kunst und Leben kennt sie nicht. Von Liebe, Schuldgefühlen, dem Bedürfnis des Tanzens und diesem universellen Leib-Seele-Problem. Sehr genau und bilderreich beschreibt sie den Körper als Wohnort der Seele, die wie ein eigenständiges Wesen dort gefangen ist und gleichzeitig Schutz sucht. Vor der Außenwelt flüchtet und sich gleichzeitig vom Innenleben befreien will. Ein Neurowissenschaftler würde dieser Diskrepanz entgegensetzen, dass dies lediglich ein Spiel des Gehirns sei. Yvonne Pouget hingegen beschäftigt sich mit Traumata. Die Undurchschaubarkeit ihrer Seele führt soweit, dass sie „Wichtiges Wissen über die Seele“ und zur Selbstzerstörung auflistet: „Den Kopf an die Wand schlagen, damit es im Körper aufhört.“ Diese Bilder erschrecken, springen einem beim Lesen immer wieder ins Bewusstsein. Dennoch hat Yvonne Pouget Dunkelheit und Trauma in ihr Leben integriert. In ihren Texten kämpft sie nicht dagegen an, sondern geht damit um.
Und so ist ihr Buch eine rasende Liebeserklärung an den Tanz und die Bühne.

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