„Now This When Not That“, Uraufführung von William Forsythe

„Now This When Not That“, Uraufführung von William Forsythe

Krise auf der Suche nach dem Jetzt

Uraufführung von Forsythes „Now This When Not That“ bei der RuhrTriennale

Bochum, 06/10/2011

Kein Hinweis, ob es sich bei William Forsythe’s neuer „Arbeit“ für die RuhrTriennale um die Fortsetzung des geplanten mehrteiligen Installations-Projektes – nach „The Defenders“ im vorigen Jahr – handelt. Der Programmzettel so karg wie einst bei Pina Bauschs Premieren für „ein neues Stück“ oder „Tanzabend“. Immerhin hat der Meister des zeitgenössischen Tanzes seiner Performance schon einen, wenn auch mehr als vagen Titel gegeben: „Now This When Not That“. Es handele sich hier – ebenso vage - um „die radikale Mannigfaltigkeit der Wahlmöglichkeiten, die in der Bewegung zur Verfügung stehen“. Forsythe erkunde „die Dynamik, mit der die subjektive Krise der Diversität sowohl Choreografie als auch Wahrnehmungserfahrung ausprägt und prägt“. Das passt zum Festivalthema „Auf der Suche nach dem Jetzt“.

Dana Caspersen beschreibt in lässiger Small Talk-Manier, was im riesigen Ambiente (44 Meter tief, 18 Meter breit unter einem tiefhängenden Bürolampen-Himmel) vor sich geht: „This part is about an emergency…“ Von einem Notfall ist nichts zu bemerken. So scheint es sich in der Tat um eine Krise zu handeln, wenn erst zwei Tänzer, dann immer mehr sich sehr virtuos tanzend durch den Raum tasten – angeblich auf Anweisungen aus dem Off auf ihre Kopfhörer. Irgendwann gesellt sich einer zu der Gruppe, der eine Bronzeglocke an einem Seil wie einen Hund gassi führt, den Stuhl von Caspersen besetzt und Unverständliches brabbelt. Harsch enden die sanften Klänge und Naturtöne von Thom Willems. Ohrenbetäubende Kanonendonner erzwingen eine Zäsur. Graue Maschendraht-Rollos gleiten lautlos herab, diffus wird das Licht, nachtschwarz der Raum immer wieder für Sekunden. Eine verschleierte, in hauchzartem Schwarz gewandete Tänzerin mischt sich unter die fröhlich bunte Schar. Caspersen, zurück auf ihrem „Regiestuhl“, berichtet nun – Jahrhunderte später – von Wünschen statt eines „emergency“. Später taucht eine „Horde“ auf mit schwarzen Piratenkopftüchern, schmuddeligen Turnhemden und dunklen Pluderhosen, in den Händen oder am Mund kleine Tröten, Glöckchen, Zwitscher-Pfeifen. Wie eine bedrohliche Gang durchschreiten sie den Raum. Vorn an der Rampe stehen sie reglos. Wenn sich alle gar nichts mehr wünschen, kommt „the part when…“ Yoko Aldo in leuchtend grünen Bermudas ein paradiesisch friedvoll fröhliches Solo im sonnenhellen Vorderraum tanzt.

Zögernd setzte bei der Premiere der Applaus ein. Ein oder zwei Buhs waren zu hören, als Forsythe sich „alltäglich“ - im hellkarierten Hemd mit seinen 17 fantastischen Tänzerinnen und Tänzern verbeugte. Morgen, am 7. Oktober, stellt er sich nach der 75-minütigen Performance den Fragen des Publikums.

www.ruhrtriennale.de

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