Tanz, Tanz, Tanz zeigen

Frederick Wisemans Dokumentarfilm „La Danse“

München, 30/12/2010

Frederick Wiseman filmt Institutionen: Schulen, Kasernen, Klöster, Gerichte, Bühnen. Dröge? Ganz im Gegenteil. Nicht umsonst hat der gebürtige Bostoner, Jahrgang 1930, den Ruf eines Meisterdokumentaristen. Mit „La Danse“, seiner 38. Dokumentation, führt er den Zuschauer mitten hinein in das innere Leben des traditionsreichen Ballettensembles der Pariser Oper. Und das ganz ohne, oder gerade: weil ganz ohne Interviews, ohne Kommentare. Man hat den Eindruck, selbst durch die endlosen Korridore des ehrwürdigen Palais Garnier zu wandeln, den Schneidern beim Besticken der weißen Tüllröcke zuzuschauen und mit im Büro von Ballettdirektorin Brigitte Lefèvre zu sitzen, wo gerade die Vorbereitungen eines Gastspiels besprochen werden.

Wiseman will einen Gesamteindruck vom Funktionieren dieses großen Theaterapparates schaffen. Aber die Hauptsache ist doch, dass er den Titel seines Filmes wahrmacht und Tanz, Tanz, Tanz zeigt. Jetzt ist man in einer Probe von „Nußknacker“, in der das Corps de ballet auf exakte Linie und Präzision gebracht wird. Gleich darauf landet man in einer Solisten-Probe, lernt von den Korrekturen des Ballettmeisters, was der Ballerina noch an letztem Schliff in ihrer Variation fehlt. Die deutschen Untertitel verraten, was die Experten auf Französisch und Englisch sagen.

Wiseman hat über einen langen Zeitraum gefilmt, so dass man Einstudierungen berühmter Gastchoreographen verfolgen kann, vom schwedischen Modern-Dance-Meister Mats Ek bis zu Frankreichs zeitgenössischem Export-Star Angelin Preljocaj. Ausschnitte von Vorstellungen schließlich, ob nun Klassiker oder ein Stück der deutschen Sasha Waltz oder Pina Bauschs Gluck-Tanzoper „Orpheus und Eurydike“, zeugen von der technisch-tänzerischen Bandbreite und dem hohen künstlerischen Niveau des Balletts der Pariser Oper. Die berühmten Pariser Etoiles einmal so aus der Nähe bei der Arbeit zu sehen, wird für eingefleischte Ballettomanen sicher die größte Attraktion sein.

Ab 30. Dezember im Kino

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