Bravouröse Broadway-Show

„Rock the Ballet” mit Rasta Thomas als Star elektrisiert im Admiralspalast

Berlin, 27/01/2010

Er wolle nicht zweitklassig sein und sich nicht kategorisieren lassen. Sagte Rasta Thomas im Interview, als er sich 2001 von Dietmar Seyffert zwei Solos auf seinen virtuosen Tänzerleib maßschneidern ließ. Knapp 20 war er da, hatte bereits Gold bei den Ballettwettbewerben in Varna und Jackson gewonnen und galt als Ausnahmetalent seiner Generation. Seither tanzte er bei nahezu allen renommierten Kompanien, vom Mariinsky-Ballett in St. Petersburg über Chinas Nationalballett bis hin zum American Ballet Theatre und dem Dance Theatre of Harlem. Klassiker wie „Don Quijote” und „Giselle” hat er geliebt, sesshaft ist der selbstbewusste Star mit Wurzeln in Saudi-Arabien nirgends geworden. Jetzt kehrt er nach Berlin zurück: Mit seiner 2007 gegründeten Kompanie, den Bad Boys of Dance, zeigt er im Admiralspalast „Rock the Ballet”. Das klingt nach Verwirklichung seiner einstigen Träume vom „totalen”, unbegrenzt die Stile wechselnden Tänzer, wie es seine Vorbilder Nurejew und Baryschnikow konnten. Zusammen mit seiner Frau Adrienne entwarf er die vielen Choreografien des zweistündigen Programms und zeichnete sowohl für die Regie als auch für einen Großteil der solistischen Einlagen verantwortlich. Es entspricht seiner Auffassung von Teamwork, dass er ebenso in der Gruppe tanzt – als einer unter sechs jungen Männern mit exzellenter Ausbildung und individueller Persönlichkeit. Einzige Tänzerin der Kompanie ist Adrienne Canterna-Thomas - und hat damit üppig freie Wahl der Partner.

Doch eigentlich verhandelt „Rock the Ballet” eine Lovestory mit dem Direktorenpaar als Protagonisten. Statt Dekoration braucht es dazu lediglich knallfarbige Videoprojektionen, von der Stadtsilhouette bis hin zum geometrischen Raster. Die Bühne gehört ganz dem Tanz, und der verschwistert sich fast ausschließlich mit Pop-Musik, von Michael Jackson, Prince, Queen, U2 oder Lenny Kravitz. Was den Abend besonders macht, ist die choreografische Mixtur aus Jazz, Musical, Ballett, Akrobatik und Kampfkunst; ein Rezept, das gerade bei jungen Zuschauern Berührungsängste mit dem Tanz abbauen dürfte. Gag ist das Duett der Männer mit aufblasbaren Nacktpuppen zur Habanera aus „Carmen”, gesungen von der Callas: Vor der Videokulisse eines Bordells haben sie augenzwinkernd keuschen Spaß mit den Gummipartnerinnen. Womit die Tänzermannschaft punkten kann, ist ihre unbändige, vor Energie strotzende Tanzfreude, die rasch den Saal zu elektrisieren weiß. Meisterwerke sind die lose gefügten Stücke des mit „Beautiful Day” betitelten ersten Teils noch nicht, hetzen bisweilen hektisch, ohne Ruhemomente durch; bei Jacques Brels „Ne me quitte pas” gelangt die Choreografie an ihre Grenzen.

„Rock you” als Teil nach der Pause wirkt in sich geschlossener und bietet der Crew nochmals Gelegenheit zu einem Feuerwerk an Tanztechnik. Immer wieder setzt Rasta Thomas den Maßstab für Furor und Präzision als Bonus seiner Ballettvergangenheit, zeichnet zu „Man in the Mirror” so etwas wie ein Selbstporträt, lässt im comichaften Knockout zweier Rivalen den Komödianten aufblitzen, rückt in der musikalisch kniffligen, choreografisch anspruchsvollen „Bohemian Rhapsody” seinen Superkörper ins rechte Licht. Dass die Beiträge zur Musik von Michael Jackson nicht komplett dessen Tanzstil kopieren, schlägt ebenso positiv zu Buche wie Können, Kondition, Präsenz der „Bad Boys” Michael Keefe, Robbie Nicholson, Anthony Colantone, Chris McCarthy und Kevin Mylrea, jeder auch solistisch überzeugend. Die Herzen der Zuschauer erobern sie mit ihrer tempogeladenen, artistisch bravourösen Broadway-Show im Handstreich.


Bis 31.1., Admiralspalast, Friedrichstr. 101-102, Mitte, Kartentelefon 479 974 77 und 0185/57 00 99, Infos unter www.semmel.de und www.rock-the-ballet.de

 

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