Luftballons und Schattenspiele

„Stell dir vor, du könntest nicht glücklich, nicht traurig, nicht wütend sein!“ So direkt wie Oliver S. El Fayoumy die Frage ans Publikum richtet, kann man darüber ins Grübeln kommen. Ein Blick auf die Bühne verrät, wie das aussehen könnte: Drei Tänzer staksen mit steifen Beinen ziellos durch den Raum, stoßen aneinander, fallen und bleiben als hilflos zappelnde Robotniks liegen. Das Licht - eine feinmaschige Netzprojektion und schmale grelle Lichtstreifen, die horizontal die Szenen scannen – verweist auf die entseelte Welt der Pixel, Bits und Bytes.

Was ist eine Seele? Gesehen hat sie noch niemand, aber viele wissen, dass es sie gibt, heißt es im Kinderbuch „Der Seelenvogel“. Michal Snunit und Na’ama Golomb beschreiben den Seelenvogel als Tier mit vielen Fächern, in denen verborgene Gefühle wohnen. Die Choreografin Sabine Seume hat sich von dieser Geschichte inspirieren lassen, strickt sie in ihrem gleichnamigen Tanztheaterstück aber weiter. Sie entwirft zur Klangcollage des Berliner Komponisten Lutz Wernicke zunächst eine virtuelle Gegenwelt, aus der sich die Darsteller befreien. Verliebt und glücklich – das Herz pocht wie ein galoppierendes Pferd. So leicht wie Blüten vom Himmel fallen, fällt es den Spielern nicht, ein „Ich liebe dich“ über die Lippen zu bringen. Mit Girlanden aus Luftballons wird ein heiteres Quietschkonzert veranstaltet und die bunten Ballons bis zum Platzen geknuddelt. Neidisch und streitlustig balgen sich die Tänzerinnen Chih-Ying Ku und Laila Clematide sowie Francesco Pedone um Spielzeug. Enttäuscht, niedergeschlagen und traurig verdunkeln überdimensionale Schattenspiele die Szene in der Ludwigsburger Karlskaserne. Ganz nah an den Erlebniswelten der Zuschauer aller Altersstufen sind aus Tanz-Improvisationen wunderbar poetische Gefühlsbilder entstanden. Schließlich wird ein turbulentes Gefühlschaos mit einer Putzaktion weggewischt, die in einer ausgelassenen Wasserschlacht mit Schlitterpartie mündet.

Aktuell wurde das Sabine Seume-Ensemble beim „25. Kinder und Jugendtheatertreffen NRW“ für seine Produktion „Der Seelenvogel“ mit dem Preis der Kinderjury ausgezeichnet. „Traurig. Verzaubert. Wütend. Verliebt. Ängstlich. Gut drauf. Gruselig. Diese und andere Gefühle haben die Darsteller so gut umgesetzt, dass auch Kinder sie verstehen und mitfühlen konnten.“, begründet die Kinderjury ihre Wahl. Sie hätten Lust bekommen mitzutanzen, mitzurutschen und mitzumusizieren. Eine schöne Aufführung, die ohne Kitsch, Klischees und Kindertümelei auskommt und in Erinnerung bleibt.