Drei neue Solisten an der Pariser Oper

Der jährliche Concours im Palais Garnier

Paris, 21/11/2009

Tränen der Freude und der Enttäuschung – wie jedes Jahr sorgt der interne Wettbewerb der Pariser Oper, der über den Aufstieg der Kompaniemitglieder innerhalb der fünfstufigen Hierarchie entscheidet, für heftige Emotionen hinter den Kulissen. Zu den Enttäuschten zählten unter anderem die Halbsolistinnen Sarah Kora Dayanova und Alice Renavand. Dayanova, seit Jahren für ihre gelungenen Darbietungen beim Concours bekannt, erstaunte auch diesmal durch eine spielerische, musikalische Interpretation der Pflichtvariation aus Jerome Robbins „Other Dances“ und eine feurige „Etudes“-Variation (Harold Lander). Auch Alice Renavand, die sich in diesem Jahr durch ihre inspirierten Auftritte vor allem im zeitgenössischen Repertoire hervorgetan hat, überzeugte sowohl in „Other Dances“ als auch in ihrer freien Variation aus Roland Petits „Clavigo“. Den einzigen Platz als Première Danseuse erhielt Ludmila Pagliero mit einer Variation aus Petits „Notre-Dame de Paris“ – man erwartet mit Spannung, wie sich diese bisher wenig bekannte Tänzerin in ihrer neuen Position entwickeln wird.

Bei den Männern waren zwei Solistenposten zu besetzen. Der erste ging wenig überraschend an Josua Hoffalt, der dieses Jahr unter anderem als Colas in „La Fille mal gardée“ sein immenses Potential unter Beweis stellte. Er dominierte seine Klasse mit einer Pflichtvariation aus „La Bayadère“ und einer freien Variation aus Roland Petits „Carmen“. Den zweiten Platz belegte – weniger eindeutig – Vincent Chaillet. Dieser zeigte eine gelungene Solor-Variation und war dieses Jahr erfolgreich in einigen zeitgenössischen Stücken zu sehen, zuletzt vor zwei Wochen in Nicolas Pauls Uraufführung „Répliques“. Bedauerlich war unter anderem die Nichtbeförderung von Sébastien Bertaud in der Klasse der „Coryphées“. Er zeigte eine der besten freien Variationen des Männer-Concours, Béjarts „Arepo“, die er mit Klasse und Feuer darbot – doch wurde ihm nur der fünfte Platz beschieden.

Auch die äußerst begabte, aber bisher kaum nach ihren Fähigkeiten besetzte Eleonore Guérineau musste sich unter den Coryphées mit einem fünften Platz begnügen. Anderen Talenten gelang es, eine höhere Stufe der Pariser Hierarchieleiter zu erklimmen: so beispielsweise unter den Damen Laure-Adelaïde Boucaud, Aubane Philibert und Valentine Colasante (Quadrilles) sowie Amandine Albisson (Coryphée). Boucaud errang sich ihren Platz vor allem durch eine stilsichere Darbietung der Polyhymnia–Variation aus Balanchines „Apollon Musagète“, während Amandine Albisson die Variation aus dem zweiten Akt von „Schwanensee“ mit lyrischer Hingabe interpretierte. Unter den Männern zählten Yann Chailloux und Adrien Couvez (Quadrilles) zu den verdienten neuen Coryphées: Chailloux zeigte eine beeindruckende Pirouettenserie in seiner freien „Esmeralda“-Variation und Couvez bewies Humor und schauspielerisches Talent in José Montalvos „Le rire de la lyre“. „Sujets“ (Halbsolisten) wurden die technisch sehr sauberen Herren Fabien Révillon und Florimond Lorieux.

Eine gute Entscheidung der Direktion war es, den Concours dieses Jahr auf November zu legen anstatt wie sonst auf die besonders stressige Vorweihnachtszeit, in der er stets mit zwei gleichzeitig laufenden Produktionen kollidiert. Sonst blieb alles beim Alten, inklusive der starken Konzentration auf die Technik, die ein Markenzeichen der Pariser Oper ist. Doch ist der Concours stets auch eine Möglichkeit, versteckte oder vergessene Künstler zu entdecken: so beispielsweise Lucie Clément oder Juliane Mathis unter den Damen sowie Daniel Stokes und Cyril Mitilian unter den Herren, denen es jeweils gelang, die angespannte Atmosphäre während ihrer freien Variationen zeitweise vergessen zu machen – und dabei die Direktion vielleicht zu neuen Besetzungen zu inspirieren.

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