Stars und Sternchen

30 Jahre Heinz-Bosl-Stiftung: Ballett-Fest zum Jubiläum

München, 17/11/2008

Das Münchner Nationaltheater ausverkauft. Eine Bühne prall voll mit Tanzstudenten in spannenden kurzen Stücken - also eine „Bosl“-Ballettmatinée wie jede andere? Nein, ein gutes Stück mehr. Denn diesmal wurde der 30. Geburtstag der Heinz-Bosl-Stiftung gefeiert - die überhaupt die Matinéen erst ermöglicht. Und die Stipendien und das Wohnheim und die Wettbewerbe, sogar die Spitzenschuhe. Und wenn die Absolventen in aller Welt Engagements bekommen, dann dank der Lehrer, aber letztlich auch dank der Stiftung.

Was Konstanze Vernon, zwar Ex-Schulchefin, aber immer noch glänzend präsente Stiftungs-Leiterin, seit 1978 mit ihrem Mann Fred Hoffmann aufgebaut hat - phänomenal: Im Programmheft kann man die (nicht einmal vollständige) Latte der ehemaligen „Bosls“ nachlesen, von Gigi Hyatt, 13 Jahre Neumeier-Muse, und Oliver Wehe, 2003 noch Münchens strahlender Danseur noble, bis zum erfolgreichen Gärtnerplatztheater-Ballettmeister Patrick Teschner und den heute reüssierenden zeitgenössischen Choreografen Jan Pusch und Marco Goecke. Bemerkenswert dabei, dass die meisten inzwischen glückliche Eltern geworden sind (Tänzerinnen dürfen heute gottlob auch Kinder haben) und dass neben den noch Aktiven viele zwar als Ballettmeister, -pädagogen, Physiotherapeuten und in ähnlichen Ballett- und Körpernahen Berufen tätig sind, aber eine ganze Reihe auch Ballettfremde Berufsfelder gewählt haben wie Kunstgeschichte, Sprachtherapie und Medizin. Dass Tänzer, die generell vom Tanz besessen sind, deren Körper und Psyche oft völlig ausgebrannt sind, so bravourös einen zweiten Berufsweg schaffen, davor allen Respekt.

Für die 17 Ehemaligen im Staatsballett hat Direktor Ivan Liška eigens eine „pièce d' occasion“ choreografiert (zu einer unnötig verstärkten und sehr unangenehm scharf ins Ohr schneidenden elektronisch behandelten Bach-Musik, was den Seh-Genuss beträchtlich einschränkte). Darin tanzen Abgängerinnen von 2007 und 2008 wie auch Norbert Graf, „Bosl“-Veteran von 1990, der inzwischen schon erfolgreich für die jetzigen Studenten choreographiert. Seinen jüngsten Pas de deux „Avedis“ interpretierten Olzhas Tarlanov und Adji Cissoko, ein Supermädchen (keine spät Zugewanderte, sondern schon als Ballettratte unter Vernons Fittichen): ein Bronzekörper, ellenlange Beine, eine bühnenfüllende Ausstrahlung. Cissoko könnte vielleicht eine zweite Judith Jamison werden.

Vom Berliner Staatsballett reiste der Ex-„Bosl“ Michael Banzhaf an, um mit Nadja Saidakova einen Ausschnitt aus Maurice Béjarts „Ring um den Ring“ zu tanzen. Herausgerissen aus seinem Zusammenhang konnte dieses „Teil-Stück“ allerdings nur begrenzt begeistern. Dafür umso mehr die Darbietung des mitgereisten Berliner Ballett-Intendanten: Weltstar Vladimir Malakhov wurde zu Recht bejubelt für sein wunderbar gestaltetes „Voyage“ von Renato Zanella. Es war Malakhovs Dankeschön an Vernon. Denn sie hatte den 18-Jährigen in der UdSSR entdeckt, und sein Auftritt in einer ihrer ersten Matinéen war so etwas wie Startrampe für seine brillante Karriere im Westen.

Nicht anreisen konnte die jetzige Hamburg-Solistin Kusha Alexi wegen bevorstehender Mutterfreuden. Sie schickte ihren Mann, Ex-Staatsballett-Solist Amilcar Moret Gonzales. Er, cool bis in die Rapper-Attitüde, und der hinreißend komische Norbert Graf blätterten Ralf Jaroschinskis Kumpel-Duett „Intuition Blast“ auf die Bühne. Ja, alles tolle Tänzer! Und für uns das Schönste: Das von Pianist Aljoscha Zimmermann hochgradig einfühlsam begleitete „Klassenkonzert“. Da sieht man nämlich nicht nur den Riesenschwarm an schon wieder nachwachsenden Talenten. In diesen schlicht-schön choreographierten Exercice-Übungen an der Stange und im Freien erlebt man eindringlichst, woher das klassische Ballett kommt, wie es den Tänzer Schritt für Schritt, Jahr um Jahr „aufbaut“. Hier wird man daran erinnert, dass sich im 17. Jahrhundert aus Volks- und höfischen Tänzen ein hochkompliziertes und traumhaft ästhetisches Vokabular entwickelt hat, das alle Tanzmoden und -trends überdauert. Und allen zeitgenössischen Zertrümmerungen zum Trotz. Das geht einem bei diesem „Klassenkonzert“ immer wieder unter die Haut.

www.heinz-bosl-stiftung.de

 

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