„Umwege zum Glück“

Aus dem Tanzstudio gebellt

Lüneburg, 04/12/2007

Ein Buch zu Weihnachten für weibliche und, ja gewiss, auch für männliche Tanzinteressierte. Locker erzählte 26 Episoden aus der Hundeperspektive, übersetzt in Menschensprache, beschreiben realistisch Alltag und besondere Ereignisse in einem Tanzstudio, das Leo (eine Frau) gehört. Die Autorin Judith Le Huray ist vom Fach, führt selbst ein solches Studio; sie mischt unterhaltsam Zwischenmenschliches mit dem künstlerischen und fachlichen Geschehen.

Egal, was auch schiefläuft, welche Probleme auftauchen, wie hoffnungslos die Lage sein mag, letztlich fällt alles ins Lot eines weitgreifenden Happyends. Mag da etwas zu viel finaler Zuckerguss sein, mag Le Huray hier und da pathetisch überziehen (etwa in der Episode über den alten Flamencolehrer), die frische Erzählweise entschädigt dafür allemal. Zumal neben den Spannungshöhepunkten auch einige sehr bedenkenswerte, zwanglos eingestreute fachliche Ratschläge mit einfließen. Etwa über den Spitzentanz (nicht vor dem 12.Lebensjahr beginnen, nur bei geeigneten Füßen, wöchentlich mehrmaliges Training notwendig), oder über Drehungen (Kopfdrehung, Körperhaltung fest wie eine rohe Makkaroni).

Den Kleinen, Jungen sind ausnahmsweise auch dabei, wird das plié als Höhleneingänge für stachlige Monster vermittelt. Welch hartes Brot das Leiten eines Ballettstudios mit mehreren Lehrkräften, die Jazz, Modern, Klassisch, Spanisch und Stepp unterrichten, illustrieren Erlebnisse. Da muss eine zickige Mutter beruhigt werden, die Leo am liebsten rausgeschmissen hätte, ganz zu schweigen von ihrem Hund Jet – schließlich sollen Kunden, von denen man als selbstständige Unternehmerin abhängig ist, nicht vergrault werden. Ein Diebstahl klärt sich gewissermaßen selber auf. Ein hoffnungsloser Fall von totaler Nichtbegabung muss kurz ertragen werden. Bei den Vorbereitungen zu einer Studioaufführung – sie zeigt den Erfolg des Unterrichts, ist wichtig fürs Renommee und wirkt als Werbung – scheint fast alles schief zu gehen. Die Hektik wird größer und größer, die Nerven werden immer dünner, bis schließlich trotz aller Hindernisse die Premiere gut verläuft. Sogar Jet wird eingebunden.

Zwei von Leos Schülerinnen wollen ins Profifach. Carina scheitert beim ersten Versuch, für eine Musicalausbildung angenommen zu werden, steckt nicht auf und schafft die Aufnahmeprüfung an einer anderen Schule. Jasmin wird wegen ihrer anatomisch problematischen Hüfte nicht genommen, stürzt in eine tiefe Depression, will nicht mehr die Hauptpartie bei der geplanten Studiovorstellung übernehmen. Die Liebe „rettet“ sie, sie tanzt nun doch, mit großem Erfolg. Den Beruf „Tänzerin“ hat sie sich aber abschminken müssen, nun geht es vielleicht Richtung Physiotherapeutin, Ballett bleibt Hobby. So geht’s oft. Kleiner Hinweis: Die Schreibweise von rond de jambes, echappé und tempslevé sollte korrigiert werden. Auch wenn das Cover gewöhnungsbedürftig ist, es lohnt und unterhält auf angenehme Weise, die vertellten oder gebellten „Umwege zum Glück“ zu lesen.

„Umwege zum Glück“, Aus dem Tanzstudio gebellt. Judith Le Huray, 2007. Books on Demand, Norderstedt. www.judith-lehuray.de ISBN: 978-3-8370-0654-4

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