„Was könnte hier schiefgehen?“

„Dancing Heads“ - Ein Hand- und Fußbuch für kreativen und zeitgenössischen Tanz mit Kindern und jungen Leuten von 4 bis 18 Jahren

Lüneburg, 17/09/2007

„Was könnte hier schiefgehen?“ Der Frage kann keine Tanzlehrerin ausweichen, egal, ob sie Kinder, Jugendliche oder Erwachsene unterrichtet. Sie bewegt sich in einem ständig wechselnden, kaum je gänzlich vorsehbaren Umfeld, begegnet sie doch Individuen unterschiedlichsten Alters, unterschiedlichster Begabung und Auffassungsgabe – was in einem Lebensalter richtig war, gut ankommt, „floppt“ in einem anderen total.

In ihrem Buch „Dancing Heads“ breitet Leanore Ickstadt das Resümee ihrer langjährigen Erfahrung als Tanzpädagogin aus, beschreibt die Entwicklungsstadien der Heranwachsenden und die ihnen angemessene Methodik, gibt konkrete Hilfestellungen, erwähnt Scheitern wie Erfolge. Die gebürtige US-Amerikanerin Ickstadt studierte u.a. bei Mary Wigman, lebt seit 1963 in Deutschland und gründete 1981 die TanzTangente in Berlin. Sie zeichnet ein angenehm unaufgeregtes Bild, das ohne Übertreibungen auskommt, das die Freude am Tanzen, die Leidenschaft für die Bewegung immer im Blick hat.

Ickstadt schreitet ihre Methodik und deren Grundlagen systematisch in neun Kapiteln ab, bezieht sich auf Altersgruppen von Vier- bis Fünfjährigen bis zu Achtzehnjährigen. Sie schert nicht alle über einen Kamm, sondern geht subtil von den Möglichkeiten der Schülerinnen aus, zu kreativem Tanz zu gelangen. Die Liste mit positiven Richtlinien für Improvisationen (S.63), denen viel Platz eingeräumt wird, zeigt beispielhaft ihren Ansatz: Schützend-unterstützendes Unterrichtsklima – klare Anweisungen geben – klare Parameter setzen und Grenzen abstecken. Als Resultat werden u.a. Gruppen- und Selbstwertgefühl gestärkt, so dass sich jeder ohne Scheu frei bewegt. Daher fordert Ickstadt, bei Improvisationen keine negativen Bemerkungen wie „Das finde ich nicht so gut“ zu machen, sondern „Bewertungen neutral und nicht personenbezogen“ zu formulieren. Denn die Schülerinnen können selbst beurteilen, was sie machen, „wenn sie aktiv am Vorgang des Tanz-Machens beteiligt sind“ (S.69 ff).

Ickstadt vernachlässigt die technischen Fertigkeiten keinesfalls, erläutert etwa „placement“ und Balance, beschreibt Übungen bis zu einem komplexen Koordinationsgrad, der Köpfe qualmen lässt. Bei der Musikauswahl bezieht sie eine eindeutige Position: Pop-Musik sei zur Improvisation wenig geeignet. „Bum-bum-Musik produziert eben auch häufig Bum-bum-Tanz“. Da dürfte nicht jeder Tanzpädagoge übereinstimmen. Wie stark Leanore Ickstadt in der Praxis verwurzelt ist, zeigt das Kapitel „Überlebenshilfen für einen schlechten Tanztag“, den viele Betroffene mit besonderem Interesse lesen werden. Wer ist schon immer in blendender Unterrichtslaune!? Nachdem sie den „Tanz an öffentlichen Schulen“ betrachtet, dazu zwei Tanzlehrerinnen nach ihren positiven wie negativen Erfahrungen befragt hat, fügt sie praktikable Unterrichtspläne für 4- bis 18-Jährige an. Alles zielt auf ihre Definition von Dancing Head: ein beweglicher Geist, der sich unmittelbar in der körperlichen Bewegung zu vermitteln vermag.

Man muss der Autorin nicht in jedem Aspekt zustimmen, um eine Fülle von Anregungen für den Unterricht zu gewinnen: ein sehr lesenswertes Buch. Die manches Mal beliebigen, nicht optimal geschnittenen Fotos halten nicht durchwegs das Niveau des Textes, sie leiden zudem unter dem schlechten Druck.

 

Leanore Ickstadt, „Dancing Heads“ Ein Hand- und Fußbuch für kreativen und zeitgenössischen Tanz mit Kindern und jungen Leuten von 4 bis 18 Jahren Herausgegeben von Katja Schneider, Tanz und Schule e.V., München 2007

Weitere Lektüre zu diesem Thema: „Tanz in Schulen“, K. Kieser Verlag, München 2006

„Alle Kinder tanzen gern“, Katja Schneider, Beust Verlag 2004

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