Tanzplan Deutschland

12,5 Mio Euro für den Tanz!!!

Berlin, 15/12/2004

In seiner Sitzung vom 15. Juni 2004 hatte der Stiftungsrat die Einrichtung des Tanzplans Deutschland und seine Ausstattung mit bis zu 12,5 Mio Euro im Grundsatz beschlossen. Jetzt wurde der Tanzplan mit konkreten Projekten in Höhe von 12,5 Mio. Euro verabschiedet. Das Spektrum der vom Kuratorium Tanzplan ausgearbeiteten Vorhaben reicht von einmaligen Veranstaltungen über ein- bis zweijährige Anschubfinanzierungen bis hin zu Modellvorhaben, die über die gesamte Laufzeit des Tanzplans bis ins Jahr 2010 an unterschiedlichen Orten präsent werden sollen.

Zu den wichtigsten Vorhaben zählen: Tanzkongress Deutschland. Der Kongress ist als Branchentreffen deutscher Tänzer, Choreographen und Tanzveranstalter aller Stilrichtungen - vom Ballett bis zum zeitgenössischen Tanz - geplant und findet als Auftaktveranstaltung des Tanzplans vom 30. Juni bis 3. Juli 2005 im Haus der Kulturen der Welt in Berlin statt. Der Kongress versteht sich als Forum, auf dem Defizite und Forderungen mit Bezug auf die gegenwärtige Situation des Tanzes in Deutschland zur Sprache kommen sollen. Der Tanzkongress wird durch einen Vortrag des italienischen Philosophen Giorgio Agamben eröffnet. Agamben ist einer der international einflussreichsten Philosophen der Gegenwart. Seine Schriften zur Körperpolitik und Geschichte im 20. Jahrhundert, „Homo Sacer“ und die Theorie des „Ausnahmezustands“ sowie seine „Noten zur Geste“, dokumentieren Agambens Interesse am gesellschaftspolitischen Potenzial des Tanzes. Zum Kongress erscheint ein Sonderheft der Zeitschrift „Theater der Zeit“ mit dem Titel „dance.de“ zur Situation des internationalen Tanzes in Deutschland.

Tanzplan vor Ort (Arbeitstitel)
Im Rahmen des „Tanzplan vor Ort“ wählt das Kuratorium Tanzplan auf der Grundlage umfangreicher Recherchen eine Reihe von Städten in Deutschland aus, in denen der Tanzplan in den nächsten fünf Jahren realisiert werden soll. In jeder der ausgewählten Städte soll vom Kuratorium Tanzplan eine eigene künstlerische Leitung bestimmt werden, die das künstlerische Konzept für die jeweiligen Aktivitäten vor Ort entwickelt.

Der Tanzplan soll in diesen Städten durch einen Verbund von Maßnahmen zur Tanzförderung sichtbar werden. Für die Auswahl der Städte wird neben der Bewertung künstlerischer Potenziale auch ausschlaggebend sein, dass die Städte ein möglichst breites Spektrum günstiger Rahmenbedingungen für die Entwicklung des internationalen Tanzes in Deutschland abbilden.

Im Rahmen des „Tanzplan vor Ort“ können mit Hilfe von Anschubfinanzierungen und Projektförderungen durch die Kulturstiftung des Bundes zum Beispiel folgende Projekte verwirklicht werden:
· die Ausrichtung oder die Unterhaltung eines Festivals für den Tanz
· die Gründung oder die Unterhaltung einer Proben- und Produktionsstätte für den Tanz
· die Gründung oder die Unterhaltung einer Tanz- oder Ballettcompagnie vor Ort
· die Gründung oder die Unterhaltung einer Choreographenschule
· Projekte, die Tanz und Ballett in der Bildung von Kindern und Jugendlichen verankern
· Vermittlungsprojekte für den Tanz
· Projekte zum Thema „Tanz als Wissenskultur“
· Projekte zur Sicherung und/ oder Archivierung von Tanz- und Ballettgeschichte.

Der „Tanzplan vor Ort“ bildet einen der beiden Hauptbereiche des Tanzplans Deutschland mit einer Laufzeit von 2005 (Vorbereitung) bis 2010. Für Projekte im Rahmen dieses Bereichs sollen in den Jahren 2006 bis 2010 pro Jahr bis zu 1,2 Mio Euro zur Verfügung gestellt werden. 

Tanzplan Akademie
Im Rahmen des internationalen Kulturaustausches widmet sich der Bereich Tanzplan Akademie - als zweiter der beiden Hauptbereiche des Tanzplans - der Erprobung von Ausbildungsmethoden für Tanz und Choreographie. Vor dem Hintergrund des eklatanten Mangels an Ausbildungsmöglichkeiten für Tanz im Bereich Post-Graduate und Choreographie in Deutschland, sollen in internationalen Workshops Ausbildungsmethoden für Tanz und Choreographie auf ihre Tauglichkeit für die deutsche Tanzszene hin überprüft werden. Dabei kommt es vor allem darauf an, die Erfahrungen aus anderen Ländern nutzbar zu machen. Geplant ist, drei international bedeutenden Tanzkünstlerinnen und -künstlern die Gelegenheit zu geben, ihre persönlichen Ausbildungs-konzepte für eine jeweils zweimonatige temporäre Akademie zu entwickeln und umzusetzen. Für ihre „Akademien“ suchen sich die vom Kuratorium Tanzplan ausgewählten Künstler ein bestehendes Ausbildungsinstitut, das zu ihrem Konzept passt und zur Zusammenarbeit bereit ist, um die dortigen Infrastrukturen nutzen zu können. Für Projekte im Rahmen des Bereiches Tanzplan Akademie sind in den Jahren 2005 bis 2010 insgesamt 2.056.000 Euro vorgesehen.

Tanzplattform Deutschland
Die Tanzplattform Deutschland ist europaweit eines der wichtigsten Veranstaltungen zur Präsentation aktueller Tendenzen im zeitgenössischen Tanz. Sie präsentiert sich alle zwei Jahre in unterschiedlichen deutschen Städten. Die Tanzplattform versteht sich auch als ein Forum, bei dem sich Künstler und Veranstalter, Mitglieder von Kulturinstitutionen und ein interessiertes Fachpublikum treffen und sich austauschen können. Viele der Tänzer und Choreographen können bislang aufgrund des eingeschränkten Etats nur für die Dauer ihres eigenen Gastspiels die Plattform besuchen. Dies widerspricht aber der Idee der Plattform, die auch als Forum für Austausch und Dialog gedacht ist. Es sollen daher in den Jahren 2006, 2008 und 2010 jeweils 30.000 Euro als Zuschuss zu den Reise- und Unterbringungskosten der Tanzplattform Deutschland bereitgestellt werden. Der Tanzserver ist als Internetportal für den Bereich des professionellen Tanzes konzipiert. Er soll sich zu dem Tanzportal in Deutschland entwickeln, das als Wegweiser zu allen Tanzinstitutionen, Tanzensembles, Tanzschaffenden, Tanzjournalen und Tanzwebsites dient. Diese Website soll die nationale und internationale Kommunikation zwischen Kollegen und Tanzinteressierten aus aller Welt vereinfachen. Das Tanzportal Deutschland soll keine bereits existierenden Seiten ersetzen, sondern einen gut gegliederten Überblick und gezielten Informationszugriff bieten. Der Tanzserver soll so gemeinsam mit den aktiven Organisationen und Persönlichkeiten des internationalen Tanzes in Deutschland zu einem interaktiven „Who is Who“, einem „Branchenbuch“ des Tanzes entwickelt werden. Der Tanzserver strukturiert die bislang schwer zugänglichen und schwer auffindbaren Informationen aus und für den Tanzbereich. Das NRW Landesbüro Tanz ist gemeinsam mit der kulturserver.de gGmbH der Träger des Tanzservers. Es verfügt seit 15 Jahren über Erfahrung im erfolgreichen Promoten von Tanz in und aus Nordrhein-Westfalen, und das weit über die nationalen Grenzen hinaus. Gemeinsam mit der Stiftung kulturserver.de gGmbH, welche ein bundesweites Kulturdatennetzwerk betreibt, soll die interaktive Nutzung und Aktualisierung der Informationen im Internet von Tanzschaffenden und Tanzorganisationen vorangetrieben werden. Die Stiftung kulturserver.de GmbH zeichnet sich durch ihre spartenübergreifende Arbeit aus und kooperiert bereits mit den Berliner Bühnen im Rahmen eines Theaternetzwerkes.

Für das Internetportal www.tanzserver.de sollen in den Jahren 2005 und 2006 als Anschubfinanzierung insgesamt bis zu 270.000 Euro zur Verfügung gestellt werden. 

Produktionsförderung über das Nationale Performance Netz (NPN)
Bislang fördert das NPN den Austausch zeitgenössischer Tanzproduktionen innerhalb Deutschlands. Sechs deutsche Tanzveranstalter haben es sich vor fünf Jahren zur Aufgabe gemacht, langfristige Förderstrukturen für den zeitgenössischen Tanz in Deutschland aufzubauen und dieses in Europa einzigartige Netzwerk gegründet. Das NPN gibt Zuschüsse zu den Gastspielkosten, wenn Veranstalter Tänzer und Kompanien aus anderen Bundesländern als dem jeweils eigenen einladen. Durch die Zuschüsse werden die Veranstalter in die Lage versetzt, den Künstlern Mindesthonorare zu zahlen und Gastspiele finanziell besser abzusichern. Durch die daraus entstehenden Gastspielaktivitäten wird der Einsatz kommunaler und anderer öffentlicher Mittel für die Produktion von zeitgenössischen Tanzstücken sinnvoll ergänzt, indem diese Produktionen einem größeren überregionalen Publikum zugänglich gemacht werden. Bislang wird das NPN bereits von der BKM (nur projektbezogen) sowie von zwölf Bundesländern (Bayern, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Thüringen) gefördert. Bislang praktiziert das NPN ausschließlich Gastspielförderung innerhalb Deutschlands. Mit Mitteln der Kulturstiftung des Bundes soll nun über das NPN auch eine Koproduktionsförderung möglich werden. Dies ist eine seit langem gewünschte Ergänzung der Aktivitäten des NPN, die bislang an fehlenden Geldern gescheitert ist. Die Kulturstiftung des Bundes will mit diesem Instrument internationale Koproduktionen oder Koproduktionen zwischen den alten und den neuen Bundesländern fördern. Antragsberechtigt sollen Veranstalter, Einzelkünstler und Kompanien sein, die in Deutschland ansässig sind. Die Koproduktionsförderung wird an in Deutschland realisierte Tanzproduktionen vergeben, an denen entweder zwei Partnerorganisationen aus zwei verschiedenen Bundesländern in Deutschland und ein ausländischer Partner beteiligt sind oder an denen Partnerorganisationen aus einem alten und einem neuen Bundesland zusammenwirken. Die Förderung einer Koproduktion kann bis zu 50 % des gesamten Produktionsetats betragen. Über die Vergabe der Zuschüsse für beide Förderungsmodelle entscheidet eine Jury, die aus fünf Fachleuten aus dem Tanzbereich besteht. Für das Jahr 2005 sind für die Jury vorgeschlagen: Edith Boxberger, freie Journalistin, Hamburg (Hamburg) Franz Anton Cramer, freier Journalist und Tanzarchiv Leipzig, (Sachsen) Michael Freundt, ITI Berlin, (Berlin) Gesa Pölert, freie Journalistin, Köln (NRW) Katja Schneider, freie Journalistin, München (Bayern). Für die Koproduktionsförderung über das NPN stellt die Kulturstiftung in den Jahren 2005 bis 2010 pro Jahr 150.000 Euro zur Verfügung. Es ist zu erwarten, dass ein solches Signal positive Auswirkungen auf die anderen Förderer des NPN hat, sich ebenfalls für diesen neuen Bereich zu engagieren.

Tanzplan Wissenschaft und Tanzplan Archiv 
Daneben sind im Rahmen des Tanzplans eine Reihe weiterer, kleinerer Veranstaltungen und Maßnahmen in den Bereichen Wissenschaft und Archiv vorgesehen, die die genannten Vorhaben sinnvoll ergänzen. Hier handelt es sich zum Beispiel um ein Kolloquium zum Thema Tanzausbildung an der fabrik Potsdam im März 2005 und diverse Symposien und Konferenzen zu ausgewählten Themen. Für derartige Aktivitäten im Rahmenprogramm des Tanzplans sollen in den Jahren 2006 bis 2010 pro Jahr jeweils 110.000 Euro zur Verfügung gestellt werden. Die Entscheidung über die Förderung entsprechender Projekte trifft der Vorstand auf der Grundlage der Empfehlungen des Kuratoriums Tanzplan.

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